„Eure Mütter“ in der ausverkauften Stadthalle mit „Ohne Scheiß – Schoko-Eis!“
Waschorgien auf offener Bühne

Kirchheim. Die bekennende Fangemeinde des aus Stuttgart stammenden Trios „Eure Mütter“ ist groß, begeisterungsfähig und grenzenlos belastbar. Hausmeister dürften nur bedingt zu ihren uneingeschränkten Befürwortern zählen. Das zuletzt in

Unterhosen zelebrierte finale Synchron-Haarewaschen ist schließlich deutlich vergnüglicher, wenn man den im Lauf des Abends immer mehr außer Rand und Band geratenen Comedy-Kamikazes nicht anschließend hinterher wischen muss.

Eigentlich fängt ja auch beim inzwischen schon vierten Programm der provozierenden und zweifellos auch polarisierenden Gruppe alles immer relativ harmlos an. Wenn die drei Akteure die Bühne betreten und sagen „Wir sind Eure Mütter“ steht der ganze Saal schon Kopf. Die „Drei Tenöre“ Andreas Kraus, Donato Svezia und Matthias Weinmann sind immer gut gelaunte, bekennende Wiederholungstäter, die mit ihrem Brachialhumor begeisterte Menschenmassen erfolgreich um sich versammeln und sich ganz bewusst und unbarmherzig vor allem im Dunstkreis der humoristischen Schmerzgrenze tummeln. Ein Programm-Titel „Ohne Scheiß: Schoko-Eis!“ ist dabei eine mehr als faire Ansage, denn er macht im Vorfeld zumindest schon ansatzweise deutlich, auf was man sich einlässt. Gegebenenfalls wird es dann eben absichtlich doch noch etwas schlimmer und ganz bewusst bösartiger als befürchtet.

Ihre Liebe zu Kirchheim, die im Zugaben-Abspann einmal mehr mit einer gnadenlos ausgetobten Wasser- und Duschgel-Orgie gefeiert wurde, sorgt dafür, dass die Stuttgarter Comedy-Truppe am Samstag, 30. November, wieder in die Kirchheimer Stadthalle zurückkehren wird, um ihr zuvor im Theaterhaus erprobtes und garantiert nicht allzu besinnliches vorweihnachtliches neues Programm zu präsentieren. Veranstalter Manne Kurz hat also noch genügend Zeit, die grenzenlose Spielfreude der mit vielen Auszeichnungen und Preisen daherkommenden Comedy-Brutalos mit dem für die gute Stube der Stadt eigentlich stillschweigend geltenden Verhaltenskodex eines besenreinen Verlassens der Bühnen vielleicht doch noch auf einen kleinen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Die Oberbürgermeisterin haben die skrupellosen Hardcore-Comedians offensichtlich schon auf ihrer Seite, denn sie verlautbarten gut gelaunt, sie habe „den drei Künstlerinnen“ schon vorab alles Gute für ihren erneuten Auftritt in der Teckstadt gewünscht.

Die bewusst sinnfrei gestaltete Reise durch das Absurdistan aberwitzigster Alltagsthemen biss sich zunächst an der den Abend leitmotivisch durchziehenden Beschäftigung


Bewusst sinnfreie Reise durch das Absurdistan der Alltagsthemen

mit der avantgardistischen Modefarbe „Mauve“ und später noch an den von einer Speditionskauffrau professionell per Lastwagen auf die Reise geschickten Kinderkaugummis fest. Dann wurde immer wieder auch das „wunderbar zusammenpassende und gut aussehende Pärchen in der ersten Reihe“ unter gnadenlosen humoristischen Beschuss genommen.

Die drei nach eigenem Bekunden pädagogisch erfahrenen ehemaligen Musiklehrer, die 1974 zur Welt kamen und in Ostfildern – vermutlich zum größeren Vergnügen ihrer Mitschüler als ihrer Lehrer - gemeinsam dieselbe Schule besuchten, vermittelten ihre nie allzu ernst zu nehmenden Botschaften mit viel Musik und atemberaubenden Tanzeinlagen. Um Lacher zu ernten ist ihnen wirklich jedes Mittel recht und so ziehen sie nicht nur willkürlich ausgewählte „Opfer“ in der ersten Reihe, sondern ihr gesamtes Publikum intensiv in ihr Programm mit ein.

Als Denksportaufgabe für die eingeräumte Verschnaufpause nach der ersten Programmhälfte wurde von den drei Musik-Pädagogen nach der Pause eine schriftlich abzuliefernde und möglichst originelle Antwort auf die Frage erwartet „Rat mal, warum ich Dir zehn Euro schenke“. Unterschiedlichste Lösungsmöglichkeiten wurden dann dem Publikum vorgestellt. Am pragmatischsten war dabei sicher der Ansatz, konsequent auf eine konkrete Aussage zu verzichten, dafür aber hartnäckig auf die sofortige Herausgabe des angebotenen Geldbetrages zu drängen.

Keine Berührungsängste hatte das von Andreas Kraus, Donato Svezia und Matthias Weinmann gebildete skrupelresistente Trio auch mit beispielsweise so unangenehmen Themen wie etwa „Magen-Darm-Infektionen“, die mit originellen „Verkleidungen“ auf der Bühne höchst vergnüglich abgevespert wurden, bevor es dann im unbarmherzigen Zugabenteil zu überschäumenden Wasserspielen und Duschgel-Orgien kam, bei denen wirklich kein Auge trocken blieb.