Weilheim und Neidlingen lehnen Baumwipfelpfad-Standort ab
Weilheim und Neidlingen lehnen Baumwipfelpfad-Standort ab

Für Johannes Züfle und Rolf Kammerlander, die Bürgermeister von Weilheim und Neidlingen, steht fest, dass der Baumwipfelpfad für ihre Kommunen vor allem Nachteile in Form einer deutlichen Verkehrszunahme bringen würde. Sie lehnen daher den Standort am Reußenstein/Bronnen ab.

Weilheim/Neidlingen. Seit Dienstag liegt der Stadt Weilheim und der Gemeinde Neidlingen das vom Land­kreis Göppingen beauftragte Verkehrsgutachten zum geplanten Baum­wipfelpfad in Wiesensteig vor. Nach Durchsicht der Unterlagen bestätigen sich die Befürchtungen der beiden Bürgermeister Johannes Züfle und Rolf Kammerlander, die angekündigt hatten, gerade bei den verkehrlichen Auswirkungen genau hinschauen zu wollen. „Wir wollen Sinn oder Unsinn eines Baumwipfelpfades an sich nicht beurteilen. Das ist Aufgabe der Stadt Wiesensteig, deren gewählter Vertreter, beziehungsweise der Bürger im Rahmen des Bürgerentscheides. Angesichts 


„Wir müssen in
aller Deutlichkeit
Standort hinterfragen“

der von Neidlingen und Weilheim zu tragenden Hauptverkehrslast müssen wir aber in aller Deutlichkeit den Standort an sich hinterfragen“, bringen die beiden Bürgermeister ihre Haltung auf den Punkt.

Das Gutachten hatte ergeben, dass an 15 Spitzentagen im Jahr mit 3 050 zusätzlichen Fahrten gerechnet werden muss. Davon würde die Hauptlast von 1 800 Fahrzeugen durch Weilheim und Neidlingen zum Baumwipfelpfad fahren. „Wenn man die 700 zusätzlichen Fahrten durch Wiesensteig beziehungsweise 550 über Schopfloch mit diesen 1 800 vergleicht, wird deutlich, wer von diesem Projekt profitieren und wer die Lasten tragen soll“, sagt Johannes Züfle. Sein Kollege Rolf Kammerlander verdeutlicht: „Der Verkehr in Neidlingen verdoppelt sich. Das wäre deutlich seh- und hörbar, und ist daher für die Anwohner nicht akzeptabel. Hier ginge ohne einen positiven Effekt für Neidlingen die Lebensqualität zurück und ein Stück Dorf-Idyll verloren.“
Für Weilheim sieht Johannes Züfle ebenso Probleme für die Anwohner. Darüber hinaus sieht er aber auch die Gesamtverkehrsmenge als problematisch an. „Wir haben heute bereits über 15 000 Fahrzeuge täglich zwischen den beiden großen Ampelanlagen in der Stadt. Gerade an den schönen Wochenendtagen, wenn ohnehin viel Verkehr herrscht, staut sich bei uns auch ohne zusätzliche Großattraktion schon der Verkehr.“

Dabei denkt er an die Engstelle in der Neidlinger Straße, die keinen Begegnungsverkehr zulässt. Aber auch an die Zeller Straße, die von der Autobahn kommend nach Weilheim hi­nein­führt und mit rund 10 000 Fahrzeugen täglich bereits heute oft mit Rückstaus zu kämpfen hat.

„Der Autobahnumleitungsfall wird im Verkehrsgutachten nicht mit einer Silbe erwähnt“, ärgert sich das Stadtoberhaupt, der darauf bei einem Termin in Wiesensteig extra hingewiesen hatte. „Auch der dem Land­ratsamt Esslingen gegenüber zugesagte Termin zur Vorstellung des Besucherlenkungskonzepts hat nicht stattgefunden“, legt Züfle nach.

Beide Bürgermeister hätten das Gutachten gerne auch etwas früher erhalten, um ihre Gemeinderäte mit einzubinden. Dies kann nun erst nach der Bürgerinformationsveranstaltung in Wiesensteig stattfinden. Weilheim und Neidlingen sehen eine öffentliche Beratung des Themas am 25. September in ihren Gemeinderäten vor.

Rolf Kammerlander sieht wenig Möglichkeiten, den prognostizierten Verkehr zu mindern: „Das Gutachten kommt ganz klar zu dem Ergebnis, dass eine Anbindung an den ÖPNV zurückhaltend zu bewerten ist und sehr teuer wäre.“

Einen möglichen Shuttlebus von der Autobahnausfahrt Aichelberg/Weilheim zum Baumwipfelpfad sieht sein Kollege kritisch: „Ganz praktisch gedacht, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Stuttgarter sich erst 40 Kilometer durch den Stadtverkehr und volle Autobahnen nach Weilheim kämpft und dann für die letzten Kilometer den Bus nimmt“, so Züfle. Die im Verkehrsgutachten angedeutete Kostentragung einer Linienbusanbindung durch den Landkreis Esslingen lehnen beide Bürgermeister kategorisch ab, denn diesen müssten sie indirekt über die Kreisumlage bezahlen. „Hier müsste ganz klar das Verursacherprinzip greifen“, meinen beide übereinstimmend.

Für die beiden Bürgermeister steht fest, dass der Baumwipfelpfad für ihre Kommunen vor allem Nachteile in Form einer deutlichen Verkehrszunahme bringen würde. Sie 


„Baumwipfelpfad
bringt nur
Nachteile für uns“

lehnen daher den Standort am Reußenstein/Bronnen ab. „Es gibt mit Sicherheit Areale, die für den Investor ähnlich attraktiv, aber verkehrstechnisch besser erschlossen sind und nicht durch zwei Ortsdurchfahrten und über steile, kurvige und enge Zufahrtsstraßen angefahren werden müssen“, so die Bürgermeister.

Beide wollen weiterhin die Entwicklungen in Wiesensteig eng verfolgen. Sie gehen davon aus, dass sich aufgrund der nun vorliegenden Verkehrszahlen auch die beiden Gemeinderatsgremien gegen den Standort aussprechen. Im Falle eines positiven Bürgerentscheids und eines dann erforderlichen Flächennutzungsplanverfahrens gehen sie auch von einer formellen Beteiligung als Hauptbetroffene des Verkehrs aus.

„In diesem Fall sind wir gespannt, wie die Stadt Wiesensteig die einseitige Verkehrsbelastung rechtfertigt und abwägt. Aus unserer Sicht ist eine solche Kosten-Nutzen-Verteilung nicht tragbar“, so Kammerlander und Züfle unisono.pm