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Weitere Wege bei Notfällen befürchtet

Gesundheit Notaufnahmen sind oft überfüllt. Ein neues Gesetz soll helfen. Kliniken üben jedoch scharfe Kritik an der geplanten Reform des Bundesgesundheitsministers zur Organisation. Von Uwe Gottwald

Notaufnahmen in Kliniken sind 24 Stunden und 365 Tage im Jahr für die regionale medizinische Versorgung zuständig. Sie sind oft überfüllt, auch weil immer mehr Patienten sie aufsuchen, obwohl aus medizinischer Sicht kein Notfall vorliegt. Am Gesetzentwurf, mit dem Bundesgesundheitsminis­ter Jens Spahn das Problem angehen will, scheiden sich jedoch die Geister.

Bisher gibt es lediglich einen Referentenentwurf für das Gesetz, entschieden ist noch nichts. Von der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen wird der Entwurf überwiegend für gut befunden, Vertreter der Kliniken fordern dagegen vehement Nachbesserungen.

Häufig wählen Patienten gleich den Weg in die Klinik, manche auch tagsüber, wenn ihr Hausarzt eigentlich erreichbar wäre. In den Notaufnahmen der Kliniken kann dies zu langen Wartezeiten führen.

Abhilfe sollte eine Kooperation zwischen der niedergelassenen Ärzteschaft und den Kliniken leis­ten. Norbert Nadler, Direktor für die kreiseigenen Medius-Kliniken in Nürtingen und Kirchheim, sah diese Kooperation auf einem guten Weg. Der jetzige Gesetzentwurf gefährde jedoch alle bisherigen Bemühungen, so Nadler.

Für die Ärzteschaft wurden in der Nürtinger Klinik Räume als Bereitschaftspraxis eingerichtet. An der Notaufnahme wird von Klinikärzten entschieden, wer dort untersucht und behandelt oder als akuter Notfall an die Klinik weitergeleitet wird. Der Bereitschaftsarzt kann die Klinikärzte hinzuziehen, sollte er es für notwendig halten.

Im Prinzip sieht der Gesetzentwurf eine solche Kooperation weiterhin vor. Sie soll an den Kliniken in sogenannten Integrierten Notfallzentren (INZ) praktiziert werden. Die Klinikverbände kritisieren jedoch wesentliche Punkte in dem Entwurf. Sie wehren sich dagegen, dass die fachliche Leitung dieser Notfallzentren bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) angesiedelt sein soll. So bezeichnet die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin die INZ zwar als „eine an sich gute Idee“, betont aber gleichzeitig, dass dies nicht wie vorgesehen unter der fachlichen Leitung der KV geschehen dürfe.

Es geht dabei auch um die Entscheidungsbefugnis, wer von wem behandelt wird und wie die Abläufe organisiert werden.

Was die Klinikbetreiber darüber hinaus erzürnt, ist der Plan, solche Notfallzentren nur an der Hälfte der Kliniken für Akut- und Grundversorgung, zu denen auch die Medius-Kliniken gehören, einzurichten. Über die Standorte entscheiden soll der Gemeinsame Ausschuss von KV, Krankenkassen und Klinikbetreibern. Für Klinik-Geschäftsführer Thomas Kräh ist klar, was das für Patienten bedeutet: „Statt der bisher zehn oder 15 Minuten bis zur nächsten Notfallambulanz müssen sie dann die doppelte Strecke fahren, und das in Notsituationen.“

Hat die gewählte Klinik dann kein INZ, ist sie in einer Zwickmühle. Behandelt sie in ihrer Notaufnahme, die sie allein schon wegen des Klinikbetriebs aufrechterhalten muss, soll die Vergütung um 50 Prozent gekürzt werden. Verweigert sie die Behandlung, macht sie sich aber der unterlassenen Hilfeleistung schuldig.