Ostfildern. Ein an chronischer Herzschwäche leidender Mann, Mitte 40, bricht beim Nordic Walking plötzlich zusammen. Ohne einen Defibrillator von der Größe einer Streichholzschachtel, der ihm im Paracelsus-Krankenhaus implantiert worden ist und der sein Herz durch starke, schmerzhafte Stromstöße wieder in Gang gebracht hat, wäre er im Wald gestorben. Der Mann ist Patient des Kardiologen Alfons Rötzer und damit Beleg für die erfolgreiche Arbeit, die der 48-jährige Mediziner seit 2010 in der Ruiter Kreisklinik leistet. Rötzer ist ein Spezialist für Rhythmologie. Dieses Spezialgebiet der Kardiologie widmet sich Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag – man nennt es Herzrasen oder -stolpern –, die im Extremfall lebensgefährlich sein können.
„Herzrhythmusstörungen können jeden Menschen in jedem Lebensalter treffen“, erklärt Professor Christian Herdeg, Chefarzt der Kardiologischen Abteilung in Ruit. Er ist froh darüber, dass er mit Alfons Rötzer in seinem Team über einen ausgewiesenen Fachmann für dieses Gebiet verfügt, dessen Bedeutung stetig wächst. Der Leitende Oberarzt hat schon einige tausend Implantationen durchgeführt, um herzkranken Menschen mehr Lebensqualität zu verschaffen und sie schlimmstenfalls vor dem Tod zu retten. Bevor er nach Ruit kam, hat er unter anderem die Elektrophysiologie im Ludwigsburger Krankenhaus aufgebaut.
„Herzrasen wird oft durch Kurzschlussverbindungen hervorgerufen“, erklärt Rötzer. Ist einer der beiden Vorhöfe von diesen Herzrhythmusstörungen betroffen, entscheidet sich der Fachmann für eine sogenannte Katheterablation. Bei dieser Methode wird in der Leistengegend ein spezieller Herzkatheter eingeführt. Der Kurzschluss am Herzen wird dadurch beseitigt, dass man in der Herzinnenwand das Gewebe erhitzt und dadurch vernarbt. „Eine völlig schmerzfreie Methode“, erklärt Rötzer. „Der Patient merkt den Eingriff kaum.“ Gerade bei älteren Patienten sei dies ein großer medizinischer Fortschritt.
Aber nicht jede Art von Herzrhythmusstörung lässt sich auf diese Weise behandeln. Treten sie in den Kammern auf, kann wie bei dem oben genannten Nordic Walker ein Defibrillator helfen, der mit einem relativ kleinen Eingriff unter der Haut implantiert wird und über ein spezielles Kabel mit dem Herzen des Patienten verbunden wird. Der Defibrillator – je nach Bauart kann er bis zu 15 000 Euro kosten – hat weit mehr Funktionen als ein Herzschrittmacher. Er ist so programmiert, dass er das Herz ständig überwacht und bei Bedarf steuernd eingreift. Letztes Mittel sind Elektroschocks. „Da kriegen Sie eine gewischt wie von Boxweltmeister Vitali Klitschko“, erklärt der Mediziner die Intensität der Schläge. Doch diese schmerzhaften Schocks können lebensrettend sein. „Das ist wie eine praktische Lebensversicherung“, sagt Rötzer. Aber er warnt: „Solche Geräte gehören in Expertenhand.“ Die Apparate müssten alle drei bis sechs Monate überprüft und stets neu auf den jeweiligen Patienten eingestellt werden.
Chefarzt Herdeg sieht in der Rhythmologie eine wichtige Säule im Angebot der Kardiologie: „Zusätzlich zur Hilfe bei einem Herzinfarkt oder bei gefährlichen Verengungen der Gefäße, die wir mit unserem Kathederlabor schon lange behandeln können, haben wir jetzt weitere therapeutische Möglichkeiten, die den Patienten im Landkreis Esslingen zugute kommen.“ Man werde damit auch dem eigenen Anspruch gerecht, selbst in einem kleinen Haus medizinische Leistungen der Maximalstufe anzubieten.
Mit diesem Angebot werde auch die wirtschaftliche Situation der Ruiter Klinik stabilisiert, sagt Sebastian Krupp, der von der Beraterfirma Economedic gestellte neue kaufmännische Leiter des Paracelsus-Krankenhauses. Nach seinen Angaben ist in der Kardiologie in den ersten beiden Monaten des Jahres gegenüber 2012 die Zahl der Patienten um 46 Prozent gestiegen. Auch die niedergelassenen Ärzte schätzten die Zusammenarbeit mit dem Kardiologieteam.