Lenningen. Wenn die Hitze auf den Straßen flirrt und im Landtag tote Hose ist, wird es für viele Politiker Zeit, auf Tour zu gehen. Statt Haushaltsplänen und Reformen stehen Bürgernähe und Begegnungen auf der Tagesordnung. Raus aufs Land, heißt es in diesen Tagen auch für Thomas Strobl. Rund 20 Unternehmen und Organisationen im Land wird der CDU-Landesvorsitzende noch bis Freitag besuchen. Begleitet von örtlichen Mandats- und Funktionsträgern will er von den Bürgern erfahren, was sie vor Ort leisten und was seine Partei tun kann, um ihre Arbeit zu unterstützen.
Am ersten Tag schaute der Politiker bei „Unser Netz“ in Lenningen vorbei, um zu erfahren, wie der Verein, der für ihn ein „Vorzeigeprojekt“ ist, ältere Menschen aus Lenningen und Owen bei der Wahrung ihrer Selbstständigkeit unterstützt (siehe Infokasten). Die Owener Bürgermeisterin Verena Grötzinger begrüßte Thomas Strobl und seine Mitarbeiter auch im Namen von Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht, der zurzeit im Urlaub ist, in der betreuten Wohnanlage in Oberlenningen. Werner Schulmeyer, Mitbegründer und Mitglied des geschäftsführenden Vorstands, informierte die Gäste über die Aktivitäten und Ziele des Vereins.
Der anschließend geplante Austausch mit Thomas Strobl war etwas schwierig, weil sich der Politiker vermutlich wegen der Debatte um die Schavan-Nachfolge zeitweise nicht von seinem Mobiltelefon lösen konnte. Dennoch kam es zu einer lebhaften Diskussion, in der es beispielsweise um die Frage ging, wie es gelingen kann, Ehrenamtliche zu finden und langfristig an den Verein zu binden. „Es muss eine gewisse soziale Einstellung da sein“, sagte Ruth Vogt, die sich in ihrer Freizeit für „Unser Netz“ um alte Menschen kümmert. Die Aufwandsentschädigung sei vielen Menschen zu wenig. „Wem es nur ums Geld geht, der geht lieber zu Aldi an die Kasse“, weiß die Ehrenamtliche. Hilde Spieth, die in ihrer Freizeit eine alte Dame betreut, kann eine solche Einstellung nicht verstehen. „Man bekommt von den Leuten viel mehr zurück, als man gibt“, sagte sie.
Thomas Strobl zeigte sich von den Erfahrungen der Ehrenamtlichen beeindruckt. Als möglichen Anreiz brachte er ein Punktesystem ins Spiel, mit dem Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen, Punkte sammeln können. Diese könnten sie später, wenn sie einmal selbst Hilfe bräuchten, einlösen. Ein solches Modell war Herbert Geyer, Sprecher des geschäftsführenden Vorstands, bereits bekannt. „So etwas gab es im Landkreis Esslingen schon einmal, und zwar in Köngen. Das hat aber nicht funktioniert, weil die Menschen ihre Punkte nicht eingelöst haben“, sagte er.
Anders als CDU-Mitglied Thomas Auerbach sieht Thomas Strobl freiwilliges Engagement nicht als Bürgerpflicht. „Ich glaube, dass wir weiter auf Freiwilligkeit setzen sollten“, sagte er. Verena Grötzinger sieht eine Ursache der fehlenden Bereitschaft, sich zu engagieren, in der Leistungsgesellschaft. „Leistung sollte eben nicht nur in Euro und Cent bemessen werden“, sagte sie.