Auf einen „diakonischen Rundgang“ hat Ingrid Riedl, die Leiterin der Diakonischen Bezirksstelle Kirchheim, die Mitglieder des Kirchheimer Finanz- und Verwaltungsausschusses mitgenommen. Sie zeigte die vielfältigen Aufgaben der Bezirksstelle anhand einzelner Beispiele auf.
Andreas Volz
Kirchheim. Die Arbeit der Diakonie sei in ganz Deutschland eng mit Kirchheim verbunden, sagte Ingrid Riedl einleitend – genauer gesagt mit einem Kirchheimer: mit Eugen Gerstenmaier, dem späteren langjährigen Bundestagspräsidenten. Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg habe er noch im Jahr 1945 das Evangelische Hilfswerk gegründet, aus dem später das Diakonische Werk hervorgegangen ist.
Wenn auch heutige Probleme nicht mit der existentiellen Not der ersten Nachkriegsjahre zu vergleichen sei, stellte Ingrid Riedl dennoch fest: „Bei allem Wohlstand gibt es Menschen, die daran nicht teilhaben. Und auch ohne finanzielle Not können sich Schatten auf das Leben legen.“
So führte die Leiterin der Diakonischen Bezirksstelle exemplarisch an, wie ihre Einrichtung Hilfe für psychisch Kranke bietet: Eine junge Frau, noch keine 30 Jahre alt, hatte plötzlich den Eindruck, ständig beobachtet zu werden. Die Frau habe ihr Dilemma wie folgt beschrieben: „Ich dachte, alle sprechen über mich. Das waren Ängste, die mich nicht mehr losließen. Ich konnte deswegen nicht mehr schlafen.“ Ingrid Riedl berichtete, wie diese Probleme weitergehen und immer größere Kreise ziehen: „Angehörige, Freunde und Kollegen sind hilflos. Die Betroffenen geraten mit ihrer Psychose in immer größere Isolation und ziehen sich zurück.“ Die Diakonische Bezirksstelle biete solchen Menschen Hilfe, beispielsweise durch „angstfreie Treffs“.
Das „Café im Eckpunkt“ wiederum habe sich aus der Beratungsarbeit heraus entwickelt: Die Menschen, um die sich die Diakonie kümmert, bräuchten auch Treffpunktmöglichkeiten – für ganz unterschiedliche Gruppen – oder einmal einen Mittagstisch. Außerdem gebe es im Eckpunkt Näh- und Kochkurse, als Hilfe zur Selbsthilfe. „Manche wissen gar nicht, wie man kocht oder wie man sich gesund und günstig ernährt“, sagte Ingrid Riedl im Ausschuss.
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Arbeit der Bezirksstelle ist die Schuldnerberatung. Weil jeder Fall anders sei und weil es sich immer um ein komplexes Thema handelt, brauche es eine hohe fachliche Kompetenz der Berater – die über juristisches Wissen ebenso verfügen müssen wie über pädagogische Fähigkeiten. Bei allen Schuldnerberatungsstellen in ganz Deutschland gebe es Wartelisten. „Unsere ist relativ kurz“, konstatierte Ingrid Riedl, „man wartet vier bis sechs Monate.“ Allerdings komme man nur auf die Warteliste, wenn man zuvor eine Art Fragebogen beantwortet hat. Daraus ergebe sich, wem ganz schnell geholfen werden müsse und wer in ganz existentiellen Nöten stecke. In diesen Fällen daure die Wartezeit kein halbes Jahr.
Mitunter gibt es bei der Diakonischen Bezirksstelle auch konkrete Hilfe, in Form von Geldzuwendungen. Hier nehme sich das Beratungsteam besonders viel Zeit für die Gespräche. Zudem müsse die finanzielle Notlage nachgewiesen werden, durch Lohnzettel oder Arbeitslosengeldbescheide. Kommen und fragen dürfe grundsätzlich jeder. Aber es gebe natürlich auch Fälle, in denen die Bitten um solche einmaligen Beihilfen abgewiesen werden.
An weiteren spezifischen Aufgaben der Diakonischen Bezirksstelle nannte Ingrid Riedl Beschäftigungsprojekte und stellte fest: „Mehr geförderte Arbeitsplätze wären nötig, weil es längst nicht jeder in den ersten Arbeitsmarkt schafft.“ Eine ähnliche Thematik gibt es beim Integrationsfachdienst, der Menschen mit Behinderung ebenso berät wie Arbeitgeber, wenn es darum geht, geeignete Arbeitsplätze zu finden.
Außerdem bietet die Diakonische Bezirksstelle gemeinsam mit dem Landkreis Esslingen Suchtberatung an. In der Kurberatung und -vermittlung ist die Bezirksstelle Partnerin des Müttergenesungswerks. In der Vesperkirche wird mit der Gesamtkirchengemeinde zusammengearbeitet. Und auch der AG Hospiz bietet die Bezirksstelle ein Dach. Die AG Hospiz sei „inhaltlich aber völlig selbständig.“ Bleibt noch die nicht spezialisierte Sozial- und Lebensberatung: Hier geht es beispielsweise darum, „Vollzeitarbeitende im Niedriglohnbereich“ aufzuklären, wie sie aufstockende Hilfe oder Ähnliches beantragen können.
Auf die Frage, was Ingrid Riedl sich wünschen würde, sagte sie: „Mehr Akzeptanz – für die Menschen, um die wir uns kümmern.“