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Wie kleine Unternehmen begehrte Arbeitgeber werden

Mit einer Strategie, die zu ihnen passt

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IHK. Ausschreiben, einladen und auswählen – das war einmal. Unternehmen, die gute Mitarbeiter finden wollen, brauchen heute eine Strategie, die zu ihnen passt. Die IHK Region Stuttgart zeigt, worauf es dabei ankommt.

Noch vor wenigen Jahren reichte eine schlichte Stellenanzeige: „Wir suchen. Bewerben Sie sich.“ Heute funktioniert das nicht mehr, denn das Verhältnis hat sich in vielen Branchen umgekehrt: Nicht mehr die Betriebe wählen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, sondern die Bewerber ihren Arbeitgeber. Wer in diesem Wettbewerb bestehen will, muss zeigen, was das Unternehmen besonders macht – und zwar glaubwürdig.

Arbeitgebermarketing ist kein Luxus, sondern eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Denn wer gute Fachkräfte will, muss selbst attraktiv wirken – nach außen wie nach innen.

Klarheit verschaffen: Wer sind die Unternehmen eigentlich?

Am Anfang steht die Analyse. Welche Menschen arbeiten heute im Unternehmen, wie alt sind sie, welche Kompetenzen haben sie? Und vor allem: Wo drohen in den kommenden Jahren Lücken? Diese Fragen sind nicht akademisch, sondern die Grundlage jeder Strategie. Erst wer weiß, wen das Unternehmen sucht, kann gezielt werben.

Ein Trockenbaubetrieb braucht andere Argumente als ein Softwarehaus. Entscheidend ist auch, welches Alter und welche Qualifikation die künftigen Mitarbeiter haben sollen. Für Auszubildende zählt vielleicht die Möglichkeit, früh Verantwortung zu übernehmen. Für Fachkräfte in mittleren Jahren sind Vereinbarkeit und Stabilität wichtiger. Wer das ignoriert, redet an der Zielgruppe vorbei.

Das eigene Profil schärfen

Jedes Unternehmen hat Stärken – auch wenn es klein ist. Kurze Entscheidungswege, flache Hierarchien, persönlicher Kontakt zur Geschäftsführung: Das sind Vorzüge, um die Konzerne beneiden. Doch sie müssen sichtbar werden. „Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt“ ist keine Stärke, sondern eine Phrase. Glaubwürdigkeit entsteht erst, wenn solche Sätze mit Leben gefüllt werden.

Die Unternehmen sollten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fragen, was sie an ihrem Arbeitsplatz schätzen. Man wird überrascht sein, welche Werte dabei auftauchen: das Vertrauen, die Nähe, die Vielfalt der Aufgaben. Wer diese Stimmen ernst nimmt, gewinnt zugleich seine besten Botschafter. Denn zufriedene Mitarbeiter erzählen weiter – glaubwürdiger als jede Anzeige.

Was machen die anderen?

Auch der Blick nach außen lohnt sich. Welche Versprechen geben die Wettbewerber in der Region? Mit welchen Argumenten locken sie? Wer dort nur die eigene Strategie wiederfindet, geht in der Masse unter. Ziel ist nämlich nicht, alles besser zu machen, sondern anders. Ein klarer Akzent, den andere nicht oder nicht im gleichen Maß setzen – etwa familienfreundliche Arbeitszeiten oder gezielte Weiterbildung – wirkt stärker als ein Sammelsurium austauschbarer Vorteile.

Vom Firmenimage zur Arbeitgebermarke

Das Bild, das Bewerberinnen und Bewerber sich machen, entsteht nicht zufällig. Es speist sich aus allem, was sie über das Unternehmen hören, lesen oder erleben – von der Website über die Social-Media-Präsenz bis zum ersten Telefonat. Deshalb gehört das Thema „Arbeitgebermarke“ in die Geschäftsführung, nicht in die Personalabteilung allein.

Eine starke Arbeitgebermarke ist keine Kampagne, sondern Haltung. Sie zieht sich durch Sprache, Auftreten, Gestaltung. Wenn im Internet das Firmenlogo modern wirkt, der Karrierebereich aber wie aus den Neunzigern aussieht, entsteht Misstrauen. Die Form verrät den Geist.

Sichtbar werden – aber richtig

Viele kleine Unternehmen unterschätzen die Macht selbst erzählter Geschichten. Beim Stichwort Arbeitgebermarketing denken sie sofort an Konzerne und Hochglanzkampagnen. Dabei braucht es oft nur Authentizität. Ein ehrliches Mitarbeiterporträt, ein kurzes Video aus der Werkstatt, ein Zitat aus dem Alltag – all das wirkt stärker als Stockfotos von Models mit Headsets.

Im Internetangebot sollte eine eigene Karriereseite selbstverständlich sein. Dort gehört nicht nur die Liste offener Stellen hin, sondern auch eine Antwort auf die Frage: Warum lohnt es sich, hier zu arbeiten? Je konkreter, desto besser.

Auch Social-Media-Auftritte können helfen – wenn sie gut gepflegt werden. Ein verwaister Kanal ist schlimmer als keiner. Entscheidend ist, die passenden Plattformen zu wählen: LinkedIn für Fachkräfte, Instagram oder TikTok für junge Zielgruppen, vielleicht Facebook für Quereinsteiger.

Der erste Kontakt zählt

Wer einmal Interesse geweckt hat, darf es nicht durch Nachlässigkeit verspielen. Die Bewerbungsphase ist der Lackmustest jeder Arbeitgebermarke. Wer tagelang nicht reagiert, wer Kandidaten hinhält oder ihnen Standardmails schickt, zerstört Vertrauen. Freundlichkeit, Schnelligkeit und Transparenz kosten nichts – bringen aber viel.

Der Bewerber von heute ist oft auch Kunde, Nachbar, Empfehlungsgeber. Jedes Detail des Prozesses, von der Begrüßung bis zur Absage, hinterlässt Spuren im Ruf eines Unternehmens.

Unternehmenskultur: Die Neuen sollen auch bleiben

Arbeitgebermarketing endet nicht mit der Unterschrift unter dem Vertrag. Es beginnt dort erst richtig. Wer Mitarbeitende halten will, muss ihnen Entwicklung ermöglichen – fachlich, menschlich, gesundheitlich. Weiterbildung, flexible Arbeitszeiten, familienfreundliche Modelle: All das ist nicht nur Wohlfühlpolitik, sondern handfeste Bindungsstrategie.

Auch ältere Beschäftigte verdienen Beachtung. Ihr Wissen ist Kapital, ihre Loyalität oft höher als bei Jüngeren. Wer sie fördert, sendet ein starkes Signal an die gesamte Belegschaft: Hier zählt Erfahrung, nicht nur Jugend.

Bei der Suche nach neuen Mitarbeitern erfolgreich zu sein, ist nur die eine Seite. Denn wenn es nicht gelingt, die neuen Beschäftigten auch langfristig im Unternehmen zu halten, ist damit wenig gewonnen. Nur wer eine Unternehmenskultur lebt, in der sich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wohlfühlen, kann darauf vertrauen, dass Erfolge nachhaltig sind.

Unternehmen sollten ihre Beschäftigten deshalb regelmäßig fragen, was ihnen bei ihrer Arbeit wichtig ist und was ihnen vielleicht fehlt. Nur so kann eine Unternehmenskultur aufgebaut werden, die zum Unternehmen und seinen Mitarbeitern passt.

Prüfen, messen, verbessern

Was wirkt, was nicht? Nach einigen Monaten lohnt sich ein ehrlicher Blick auf Zahlen und Feedback. Kommen mehr Bewerbungen? Passen sie besser? Gibt es weniger Fluktuation? Employer Branding ist ein Prozess, kein Projekt mit Enddatum. Die Regeln des Marktes ändern sich – und mit ihnen die Erwartungen der Menschen. Deshalb ist es wichtig, den Blick auch nach vorne zu richten: Reicht es wirklich, die vorhandenen Stellen neu besetzen zu können, oder werden in Zukunft Mitarbeiter mit ganz anderen Kenntnissen und Qualifikationen benötigt?

Fazit: Vertrauen schlägt Versprechen

Ein attraktiver Arbeitgeber wird man nicht durch Hochglanzbroschüren, sondern durch Haltung. Kleine Unternehmen haben dabei oft bessere Karten als große: Sie sind näher dran, beweglicher, persönlicher. Entscheidend ist, diese Stärke zu erkennen – und sie mit Überzeugung zu zeigen. Denn am Ende geht es um Vertrauen. Wer glaubwürdig handelt, wer seine Werte lebt und nicht bloß bewirbt, zieht die richtigen Menschen an. Und die bleiben – nicht, weil sie müssen, sondern weil sie wollen.

Tipp: Wie Unternehmen Fachkräfte gewinnen, halten, aus- und weiterbilden, erfahren sie bei der IHK Region Stuttgart unter www.ihk.de/stuttgart/fachkraefte.