Begeisternde Lesung des Kinder- und Jugendbuchautors Werner Färber in der Eduard-Mörike-Schule
„Wie viele Level hat Dein Leben?“

Kirchheim. Es gibt zweifellos viele gute Kinder- und Jugendbuchautoren. Es gibt auch sehr viele Autorinnen und Autoren, die es perfekt verstehen, sich bei Lesungen gut in Szene zu setzen und für ihre Bücher zu begeistern. Werner Färber, der


auf Einladung der Kirchheimer Stadtbücherei in der Eduard-Mörike-Schule in Ötlingen zu Gast war und sich der Herausforderung stellte, Fragen der Schülerinnen und Schüler der Klassen sieben bis neun zu beantworten, kann offensichtlich beides ausgezeichnet – und das ist nicht selbstverständlich.

1957 in Wassertrüdingen geboren, wuchs Werner Färber auf der Schwäbischen Alb auf und lebt mittlerweile in Hamburg, wo er neben Kinder- und Jugendbüchern auch für den Hörfunk schreibt und vor allem auch aus dem Englischen übersetzt. Begeistert hat der erfolgreiche Autor bei seinem Auftritt vor allem dadurch, dass er weit entfernt davon ist, sich als Erwachsener berufen zu fühlen, Kindern und Jugendlichen mit erhobenem Zeigefinger sagen zu wollen, „wie Leben geht“. Vielleicht versteht er es ja gerade deshalb so gut, ihnen genau das erklären zu können oder wenigstens einigermaßen bewusst zu machen, was er als Problem erkannt und genau deshalb auch zum Thema eines seiner zu Recht viel gelesenen Bücher gemacht hat.

Eine Lesung mit dem Verweis da­rauf zu beginnen, von jetzt an 90 Minuten Zeit zu haben, ist mehr als mutig, und dessen ist sich Werner Färber wohl auch durchaus bewusst. Er weiß ganz genau, dass man am Ende einer Fragerunde niemals fragen darf, ob man noch etwas lesen soll. Er tat es trotzdem und machte seinem begeisterten Publikum eine Freude.

Bei der kurzweiligen Lesung in Ötlingen verging die Zeit wie im Flug. Das mitgebrachte und auszugsweise gelesene Buch „Wie viele Level hat dein Leben?“ bietet auch genügend Gesprächsstoff. Einen Schriftsteller zu Besuch zu haben, der sich ganz genau mit den Problemen Jugendlicher auszukennen scheint und auch ihre Sprache spricht, war natürlich auch eine willkommene Gelegenheit, sich umfassend über die Arbeit eines Schriftstellers zu informieren.

Da alle Fragen umfassend, ehrlich und uneitel beantwortet wurden, kam eine wirklich gute Unterhaltung in Schwung, die bis zum Pausengong nach zwei Schulstunden auch nicht mehr ins Stocken kam. Durch diesen außergewöhnlich guten Gedankenaustausch erfuhren die Schülerinnen und Schüler sehr viel über Werner Färber und seinen Berufsalltag, aber auch viel über Christopher, den Helden des Buches, das bei dieser Veranstaltung im Mittelpunkt stand. Als begeisterter Schwimmer hatte Christopher in seinem jungen Leben für sich stets klare Prioritäten gesetzt. Das konsequent eingehaltene Training war ihm eindeutig wichtiger, als sich im von seinen Eltern erwarteten Maß genauso begeistert und engagiert um die Schularbeiten zu kümmern.

Ein schwerer Sturz mit dem Rad wirft ihn dann völlig aus der Bahn, eröffnet ihm aber in der durch seine Verletzungen verursachten Bewegungslosigkeit einen gefährlichen Zugang zu der von ihm bisher eigentlich gar nicht wahrgenommenen Welt der In­te­rnet-Spiele. Zuvor immer hoch motiviert, sich an die Grenzen seiner körperlichen Belastbarkeit heranzuarbeiten und der schnellste Schwimmer zu sein, findet Christopher jetzt mithilfe des von ihm in der virtuellen Welt der Computerspiele entdeckten „Isle of Magic“ eine neue Herausforderung, deren gewaltiges Suchtpotenzial er lange Zeit gar nicht erkennt.

Suchtprobleme thematisiert Werner Färber auch schon in seinem Buch „Volle Pulle“, das sich mit den Folgen ausufernder Alkoholexzesse im Rahmen einer Klassenfahrt beschäftigt. In „Wenn ich will, hör ich auf“ beleuchtete er die Beziehung von Mela und Kai, die wegen der ständigen Kifferei des Partners auf dem Spiel steht.

In „Einfach weg“ hatte Werner Färber lesenswert aufgezeichnet, was passieren kann, wenn man das Notwendigste in seinen Rucksack packt und sich dafür entscheidet, abzuhauen und alles hinter sich zu lassen. „Willst du Stress“ lautet die rhetorische Frage des Autors, die zugleich der Titel seiner neuesten Geschichte ist. Dass er auch die einmal in Ötlingen vorstellen wird, kann man sich gut vorstellen. Wer 90 Minuten so schnell vorbeiziehen lässt, dürfte gerne wieder einmal zu einer Doppelstunde eingeladen werden.