Lokales
Wir Fußballmütter, wir Pädagoginnen

Kirchheim. Wir Fußballmütter können aufatmen. Nein, keine Sorge: Auch wir wissen, dass „wir“ (noch) nicht Weltmeister sind.

Ehrlich gesagt ändert das in unserem Mütter-Alltag nicht allzu viel. Schließlich sind wir auch Pädagoginnen, zwar keine studierten, aber 


Irene Strifler

qua Lebenserfahrung. So haben wir längst in Zeiten wachsenden Drucks auf unsere Sprösslinge gelernt, Erwartungen herunterzuschrauben. Der Nachwuchs klagt permanent über Stress, sei‘s wegen G8, wegen Ganztagsschule, wegen Hobby-Hopping oder warum auch immer. Als Mütter reagieren wir darauf. Wir haben längst verinnerlicht: Nur nicht zusätzlich Leistungsdruck aufbauen! Die Konsequenz: Wir loben am heimischen Esstisch selbst Mittelmaß über den grünen Klee, motivieren auch bei miserablen Leistungen. Auch bei Jogis Jungs wollen wir die Messlatte nicht unnötig hoch anlegen. Deshalb ist für uns auch ein Vize-WM-Titel durchaus Grund zum Jubeln, klare Sache.

Aufatmen können wir deshalb, weil auch an jenen, die sich der Pädagogik professionell verschrieben haben, der Ball nicht ungestreift vorbeizischt. Im Klartext: Lehrer und Rektoren wissen, dass ihren Schülern am Montag sowieso beide Augendeckel zufallen werden. Deshalb drücken sie selbst ein Auge zu, und zwar mit ministerieller Rückendeckung: Die erste Stunde Unterricht am Montag kann nach Belieben „verlegt“ werden, so lautet in Kurzfassung die Order aus dem Kumi (Kultusministerium).

Von dieser Offerte wird rund um die Teck durchaus Gebrauch gemacht, etwa an Kirchheims Gymnasien. „Im Prinzip“ laufe alles nach Plan, lautet die Auskunft der Rektoren, die ein bisschen nach Radio Eriwan klingt. Zumindest am „LUG“ wurde den Pädagogen und ihren Schützlingen anheimgestellt, die erste Stunde zu verlegen. Am „Schloss“ wird es auf jeden Fall keine Klassenarbeiten geben. Na, das ist ja schon mal was.

Für Grundschüler gelten (noch) andere Regeln. „Spiele“ kündigt beispielsweise Rektor Uwe Häfele von der Kirchheimer Alleenschule für die Kleinen an. Bei den Dreikäsehochs ist die Sache nämlich gar nicht so einfach. Ganz ehrlich: Auch wir Fußballmütter müssen am Montag zur Arbeit, auch wir sind froh, unsere Kleinen betreut zu wissen – und wenn‘s nur beim Nickerchen in der letzten Reihe ist. „Die verlässliche Grundschule gilt auch für die WM“, fasst jedenfalls Christian Birzele-Unger zusammen, Leiter der Grund- und Werkrealschule im Weilheimer Bildungszentrum Wühle.

Auch das ist also ein Grund, weshalb wir Fußballmütter heute schon aufatmen. Betreuung ja, Schulalltag weniger – das scheint im Großen und Ganzen die Maxime für den montäglichen Schulbeginn in der Region um die Teck zu sein. Die Rektoren dürften ahnen, dass wir Fußballmütter Rückhalt brauchen für absehbare nervige Diskussionen am sonntäglichen Frühstückstisch. Klar wie Kloßbrühe ist nämlich heute schon, dass der pubertierende Nachwuchs aufs Ausschlafen pocht. (Nachvollziehbares Hauptargument: „Am Montag bin ich so fertig, da krieg ich eh nichts mit!“). Der Vater dagegen, aufgewachsen im gestrengen Nachkriegshaushalt, appelliert ans Pflichtbewusstsein. (Altbewährtes Hauptargument: „Wer feiern kann, der kann auch arbeiten und damit basta!“) Wir Fußballlmütter können uns da beileibe nicht einfach raushalten. – Dafür liegt uns der Familienfrieden viel zu sehr am Herzen. Der Nachwuchs weiß, wie er uns um den Finger wickeln kann, setzt auf unser Verständnis und bringt uns an den Rand des zivilen Ungehorsams. (Hauptansinnen, vorgetragen mit treu-bravem Augenaufschlag: „Gell, Mama, Du schreibst mir notfalls ‘ne Entschuldigung?“)

Kurzum: Die pädagogischen Fähigkeiten von uns Fußballmüttern sind an diesem Wochenende ganz besonders gefragt. Ganz egal, ob „wir“ Weltmeister werden. Aber schön wär so ein Titel schon . . .