Kreistag spricht sich grundsätzlich für Klinikenfusion aus – Eckpunktepapier verabschiedet
„Wir“-Gefühl ersetzt Konkurrenz

Was noch vor einem Jahr als undenkbar gegolten hat, ist gestern in greifbare Nähe gerückt: Eine überwältigende Mehrheit des Kreistags in Esslingen hat sich grundsätzlich für ein Zusammengehen der Kreiskliniken mit dem Städtischen Klinikum Esslingen ausgesprochen. Endgültig abgesegnet werden soll die Klinikenehe im ersten Halbjahr 2014.

Richard Umstadt

Esslingen. Der Esslinger Kreistag ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auf eine Klinikenfusion ausgerichtet. Freie Wähler, CDU, SPD, Grüne und FDP plus der Linke, Peter Rauscher, stimmten einem Zusammengehen grundsätzlich zu. Die Republikaner sowie Rolf Siebert, CDU, votierten dagegen.

Nach dem gestrigen Grundsatzbeschluss des Kreistags und dem am 13. Mai folgenden des Gemeinderats Esslingen wird es darum gehen, in weiteren Verhandlungen das ebenfalls gestern vom Kreisparlament verabschiedete Eckpunktepapier umzusetzen und die organisatorischen Strukturen der Kliniken aufeinander abzustimmen.

„Dabei ist die Verabschiedung der Eckpunkte nur ein erster Schritt“, darüber war sich die Kreistagsmehrheit einig. „Es wird ein Prozess über mehrere Jahre sein, der gut geplant und strukturiert werden muss“, sagte Landrat Eininger. Aber: „Wir werden alle Klinikstandorte erhalten“.

Einig waren sich die Fraktionen, dass es ein „weiter so“ nicht mehr geben kann. Zu tief sind die Kreiskliniken aufgrund der geringen Krankenhausmittel von Bund und Land in die roten Zahlen gerutscht. Deshalb war es für Alfred Bachofer, Chef der Freien Wähler, oberstes Ziel, dass das gemeinsame Unternehmen langfristig ohne Zuschüsse aus der Kreiskasse auskommt. Er erachtete es auch als folgerichtig, dass der Landkreis nach der Fusion anfallende Verluste ausgleicht. „Sie sind von der Stadt Esslingen, wie von allen Kommunen, über die Kreisumlage mit zu finanzieren“, so Bachofer.

Die Zusammenführung müsse aus medizinischer und wirtschaftlicher Sicht Sinn machen, „und zwar für die ganze Kreisbevölkerung“, sagte CDU-Vorsitzender Martin Fritz. Die Empfehlungen der Gutachten von Ernst & Young sowie CMK seien alternativlos, „außer man wählt den Weg in eine private Trägerschaft“. Das aber wollte niemand im Kreistag.

SPD-Sprecher Gerhard Remppis zufolge kann die Verbesserung der Kosten-Erlös-Situation nur gelingen, wenn Doppelstrukturen abgebaut und die Klinikenstrukturen sinnvoll verändert werden. „So macht eine Verlagerung der Geburtshilfe von Ruit nach Esslingen allein von der Zahl her keinen Sinn, ebenso wenig wie die Erwachsenenpsychiatrie in Plochingen ohne somatische Versorgung am Standort“, meinte Rempiss.

Als größtes Problem des Eckpunktepapiers sah Marianne Erdrich-Sommer, Fraktionschefin der Grünen, die Besetzung des künftigen Aufsichtsrats. Ihr missfiel, dass in dem 20-köpfigen Gremium vier stimmberechtigte Experten ohne politisches Mandat sitzen sollen. „Experten machen nicht weniger Fehler, siehe Großflughafen, werden horrend bezahlt und sind niemand verpflichtet“. Ebenso war ihr die Stellung der Geschäftsführung in dem Papier zu stark. Diskutiert wird überdies, ob ein externer Vorsitzender den Aufsichtsrat leiten soll. Auch diesen Vorschlag bat Erdrich-Sommer nochmals zu überdenken. Dagegen hatte der Chef der Liberalen im Kreistag, Ulrich Fehrlen, gegen einen „Externen“ nichts einzuwenden. Gegen eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats wandte sich der Vorsitzende der Republikaner, Ulrich Deuschle: „Der Landkreis muss mit mindestens zwei Drittel im Aufsichtsrat vertreten sein“.

Zuversichtlich zeigte sich Landrat Heinz Eininger, in rund einem Jahr die Fusion der Kliniken in trockenen Tüchern zu haben. Sowohl er als auch Alfred Bachofer hatten vor der Abstimmung an das Gremium appelliert, das Konkurrenzdenken durch ein „Wir“-Gefühl zu ersetzen.