Kirchheims Stadträte verabschieden Eckpunktepapier für eine Neue Festkultur in der Stadt
„Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen“

Bei Feten im Städtle gehören junge Erwachsene unbedingt dazu. Allerdings sollen unerwünschte Folgen wie übermäßiger Alkoholkonsum ausbleiben. Diese Überlegungen liegen dem Konzept für eine Neue Festkultur zugrunde, das der Kirchheimer Gemeinderat einstimmig verabschiedet hat.

Kirchheim. Dem Konzept ging viel Arbeit und eine Menge Ärger voraus: Vandalismus, Lärm und Dreck hielten die Bewohner der Innenstadt in den letzten Jahren zu nächtlicher Stunde immer wieder auf Trab. Verursacher der Ruhestörung war Alkohol, den vor allem Jugendliche über die Maßen zu sich nahmen. Im Auftrag des Gemeinderates kristallisierte sich aus dem bereits etablierten „Arbeitskreis kommunale Kriminalprävention“ ein „Arbeitskreis Alkohol“ heraus. Grundsätzliches Ziel ist die Stärkung des gesellschaftlichen Miteinanders von Jung und Alt in Kirchheim. Weniger Alkohol unter Jugendlichen soll einerseits deren Gesundheit zugute kommen, andererseits den Folgeerscheinungen wie Randalieren entgegenwirken.

Die Mitglieder des „AK Alkohol“ stammen aus dem Mehrgenerationenhaus Linde, dem Ordnungsamt, dem Jugendrat, der Jugend- und Drogenberatung, dem Sozialamt und dem Bereich der Polizei. Sie haben nun ein „Eckpunktepapier“ entwickelt, das formale Rahmenbedingungen für Veranstaltungen festschreibt.

„Dieses Papier ist natürlich nur ein Anfang und beruht auf Freiwilligkeit“, beschrieb Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker vor dem Gemeinderat die Hoffnung auf eine Veränderung im Handeln beziehungsweise auf einen vernünftigen Umgang mit Alkohol unter Jugendlichen. „Wir wollen die Veranstalter als Partner wahrnehmen“, betonte Ordnungsamtsleiter Marcus Deger, der das Konzept im Ratsrund vorstellte. Im Mittelpunkt stehen zeitliche Vorgaben (siehe nebenstehender Artikel) für Feste, aber auch Handhaben für Kontrollen beim Umgang mit Alkohol. Letztere soll ein „Kirchheimer Partypass“ erleichtern für Jugendliche ab 16. Unter anderem im oberschwäbischen Raum habe man damit schon gute Erfahrungen gesammelt, argumentierte Deger: Jugendliche hinterlegen den Pass beim Eingang zur Party, die Daten werden mit dem Ausweis abgeglichen.

Quer durch alle Fraktionen wurde Zustimmung zur Neuen Festkultur laut. Andreas Schwarz von den Grünen betonte die Bedeutung des Signals, das der Gemeinderat damit an Veranstalter, Vereine und Jugendliche aussende mit dem Ziel der Stärkung des Miteinanders. Überwiegend verhielten sich die Jugendlichen angemessen. Auch Christoph Schweiß von den Freien Wählern ergänzte, dass es nur wenige problematische Jugendliche seien, die sich kurzfristig via Facebook verabredeten und an ihren Treffpunkten Alkohol konsumierten. Albert Kahle (FDP/KIBü) sah die Probleme im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang, etwa allgemein im Verfall familiärer Strukturen, und stellte infrage, welche Wirkung da eine gemeinderätliche Willensbekundung überhaupt haben könne. Auch SPD-Mann Andreas Kenner gab zu bedenken, dass es junge Leute gebe, die am Samstagabend partout Alkohol trinken wollten, selbst wenn das Wasser als Alternative dazu verschenkt würde. Er betonte jedoch, dass Veranstalter durch das Eckpunktepapier unbedingt ermutigt werden sollen, auch wieder Veranstaltungen für junge Leute unter 18 anzubieten, denn daran mangele es gewaltig. Auch Wilfried Veeser (CDU) wollte den Schwerpunkt auf Unterstützung für die Gastronomen gelegt wissen. „Wir befinden uns im Bereich der Prävention“, machte er klar, dass im Normalfall sämtliche (Vereins-)Feste glatt laufen, und sich auch die Jugendlichen überwiegend gut verhalten. „Prävention ist wichtig, aber auch schwierig“, nahm Dr. Silvia Oberhauser, Vorsitzende der Frauenliste, den Faden auf und ergänzte ihn mit medizinischem Blick. Auch sie plädierte für das Eckpunktepapier, denn: „Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen.“

Katja Seybold (CIK) regte in Sachen Partypass eine Schulung für die Gastronomen an, um offene Fragen zu klären wie zum Beispiel: Was tut man, wenn Jugendliche ohne Partypass kommen? Susanne Jakob, Ortsvorsteherin von Nabern, erinnerte daran, dass viele Vereinsfeste jährlich mit weniger Händen gestemmt werden müssten. Komme noch ein professioneller Sicherheitsdienst dazu, würden die Feste schnell unrentabel. Daher plädierte sie stark dafür, hier auch geschulte Ehrenamtliche zum Zug kommen zu lassen.