Irene Strifler
Kirchheim. Kreative Prozesse anzustoßen, aber auch einfach miteinander in lockerer Atmosphäre ins Gespräch zukommen, das sind die Ziele des alljährlichen Herbstempfangs des BDS (Bund der Selbstständigen), wie Vorsitzender Thomas Oßwald in der Begrüßung formulierte. Diesen Zielen wurde die lockere Veranstaltung auch heuer wieder gerecht. Zahlreiche Mitglieder sowie Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Kirche hatten sich in der Schlosskapelle zusammengefunden. Sie bekamen nicht nur Infos über die Aktivitäten des BDS präsentiert, sondern durften traditionsgemäß dem spannenden Vortrag eines Seniorunternehmers lauschen. Außerdem brachten Schüler der Jugendmusikschule sowie des Ludwig-Uhland-Gymnasiums frischen Wind in die historischen Räumlichkeiten, indem sie eine mitreißende Kostprobe des Musicals „Hair“ darboten. Das Kooperationsprojekt, das Bezug nimmt auf aktuelle Themen der Jugendlichen, wird im März in der Stadthalle aufgeführt.
Das Miteinander der Generationen und der Draht zu jungen Leuten liegen dem BDS sehr am Herzen, wie die Vorsitzende Bettina Schmauder betonte. Sie ging unter anderem auf das Damoklesschwert Fachkräftemangel ein, dem die örtlichen Selbstständigen unter anderem durch enge Kooperation mit den Schulen zu begegnen suchen. Für die Personalgewinnung müssten künftig mehr und mehr „bedürfnisgerechte Lösungen“ im Vordergrund stehen, „aber bitte keine starren bürokratischen Vorgaben“. – Eine Forderung, für die es demonstrativen Zwischenapplaus gab. Wichtig, so Schmauder weiter, sei für Unternehmen der Standort, also die Situation der Stadt im Hinblick auf Wohnraum, Kinderbetreuung, Schulstandort oder auch Attraktivität der Kernstadt.
Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker zeigte sich in ihrem Grußwort froh über die konstruktive Zusammenarbeit und nahm die Gäste des BDS-Herbstempfangs mit auf eine Tour d‘horizon durch die Kommunalpolitik. So verwies sie auf die bevorstehende Erschließung des Gewerbegebietes Hegelesberg ab kommendem Jahr, auf die fundierte Schulentwicklungsplanung, auf die Klimaschutzziele der Stadt und andere Aufgaben, bei denen die Unternehmen im Boot sind. „Die Stadt ist gut aufgestellt“, schlussfolgerte Matt-Heidecker abschließend.
Die Stadtchefin kann sich noch aus Kindertagen an „Radio Lehner“ in der unteren Max-Eyth-Straße erinnern. In jene Zeiten führte Festredner Rolf-Peter Lehner seine Zuhörer zurück. Das Rundfunk-Geschäft samt Reparaturwerkstatt hatten einst seine Eltern betrieben. Lehner erinnerte an die schwierige Nachkriegszeit und die 50er-Jahre, als allenfalls durch hohe Antennen ein wenig Anschluss an die weite Welt geschaffen werden konnte. Mit Fernsehübertragungen wurde seinerzeit eifrig experimentiert, Schallplatten boomten. Aufgewachsen in einer Welt voller Plattenwechsler und Tonbandgeräte, hat Rolf-Peter Lehner mit seiner Firma stets den Anschluss an moderne Zeiten gewahrt. Im Jahr 2 000 erfolgte der Umzug in den Kruichling, und heute ist der Sektor Biotechnologie das jüngste Kind im vielfach preisgekrönten Unternehmens „Lehner GmbH Sensor-Systeme“ unter der Ägide von Sohn Dr. Lars Lehner. „Wir können beispielsweise Eigenschaften von Pflanzen erkennen, etwa Wassermangel“, erklärte der Seniorchef den neuesten Trend.
Wichtig sei dabei stets nicht nur das technische Know-how gewesen. Vielmehr sei es der Firma auch gelungen, die Leute davon überzeugen, dass das, was da im Kruichling entwickelt werde, sinnvoll sei. – Kein Wunder angesichts der überzeugenden Erfolge, dass Rolf-Peter Lehner auch mitten in den 70ern noch jede Menge Pioniergeist ausstrahlt, und den Jüngeren Mut zu scharfen Schnitten im Leben macht: „Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab“, legte er den Zuhörern abschließend eine Indianerweisheit ans Herz.
Während der Senior fast beruhigend darauf verwies, dass Eltern kurz nach der Erfindung des Fernsehens der wachsende TV-Konsum ihrer Sprösslinge Sorge bereitete, zeigte sich Thomas Oßwald ausgesprochen hellhörig angesichts des wachsenden Medienkonsums zu jetzigen Zeiten. „Früher war das Zuhause ein Ort, an dem die Kinder behütet waren“, erinnerte er sich an seine eigene Kindheit zurück. Heute jedoch öffne man das Zuhause durch neue Medien für Gefahren, vor denen man die Kinder gar nicht mehr schützen könne. Zwar habe ein Unternehmer geradezu die Pflicht, zeitgemäße Medien zu nutzen, aber Eltern hätten nun auch mal die Pflicht der Fürsorge. Angesichts dieser Problematik regte Oßwald die Einführung eines „medienfreien Tages“ an. – Impulse gab es also wahrlich genug, über die bis weit in die Nacht im Kirchheimer Schloss diskutiert werden konnte.
Eine Leistungsschau der besonderen Art kündigte Bettina Schmauder für den Herbst 2014 an: Die „BDS open“ sollen mit Vorträgen, Demonstrationen der Firmenschwerpunkte und natürlich mit spezifischen Angeboten an junge Leute in und um die Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule über die Bühne gehen. Die Veranstaltung wird parallel zum verkaufsoffenen Sonntag steigen, um möglichst viele Besucher zu erreichen.