Unzugeordnete Artikel
Wo ist vorne?

Zum Artikel „Appell lautet: Mut zu Veränderungen“ vom 13. November

„Was mir Sorge bereitet, ist, dass wir zu Veränderungen nicht mehr bereit sind“, so Bürgermeister Züfle, alles klar! Wer will zurück zur 50-Stunden-Woche an langweiligen alten Maschinen? Der „Spießbürger“ ist tot, aber 70 bewusst erlebte, nüchtern mehrseitig betrachtete Lebensjahre mit ihren Bedingungen und ihrer „Freiheit“ haben Informationsgehalt. Effekte und Nebeneffekte ständiger Modernisierungen, neuer Infrastrukturen und wirtschaftlicher Stärke dürfen einander gegenübergestellt werden. Heute wachsen Gesundheitsprobleme, bekämpft mit Trainingsmaschinen, damals an Pflug und langer Heu- oder Mistgabel, mit Reuthacke beim Wurzelgraben. Wir haben einen „Füllstand an Material“ im Lebensraum, ohne Durchblick, ob uns das alles nutzt oder mehr behindert. Gesunde Freizeitgestaltung mit dem Fahrrad (Plattfuß inclusive) war um 1960 Freiheit. Heute ins Remstal radeln geht ohne Wegweiser nicht. Zwischen Roßwälden und Nassachtal oder zwischen Neckartal und Großheppach liegt dir und „Bauer Klein“ alles quer, Freiheit?

Neuere Philosophie sieht unsere religiösen Ursprünge als Anspruch zu geistiger Lebensbestimmung. Etwas Kurzzeitverstand haben auch Tiere, und es ist genau das, was die Moderne treibt. Der (amateur-) theologisch noch nicht zerredete, immer fremde Gott zwang früher zu innerer Reflexion mit Sinnsuche, durchaus auch technisch unterstützt.

Ein „Sinnfeld“ (siehe Markus Gabriel 2015: „Warum es die Welt nicht gibt“) ist Wachstum an Komfort und Sicherheit. Wo ist die bürgerliche Macht geblieben, die Marktwirtschaft steuern und dazu zwingen kann, dass sich kalter Verstand unter den Sinn des Lebens stellt? Freiheit steht heute teils wehrlos sich selbst im Weg, weil man sich selbst, den Nachbarn und fehlgeleitete Dynamiken des Lebens - nicht mehr versteht.

Karl Dannenhauer, Weilheim