Kirchheim. Der ausverkauften Premiere im Stuttgarter Renitenztheater folgte das nicht minder erfolgreiche Heimspiel in Kirchheim. In der völlig ausgebuchten Bastion wurden Fabian Schläper und Tina Häussermann auch bei ihrem inzwischen
schon dritten gemeinsamen Auftritt im Gewölbekeller begeistert gefeiert. Das nächste Treffen mit dem in der Teckstadt aufgewachsenen Fabian Schläper ist im Rahmen der Kirchheimer Musiknacht am 8. Juni schon im Kalender festgeschrieben.
Angesichts des warmen, freundlichen und überaus herzlichen Empfangs in seiner Heimatstadt kam Fabian Schläper bei seinem jüngsten Besuch ins Grübeln, warum er Kirchheim denn eigentlich den Rücken gekehrt hatte. Als er am Teck-Center vorbeikam, wusste er warum . . .
Vermutlich weckte die Begegnung mit der den Postplatz arrondierenden zweigeteilten Einkaufsmeile im Herzen des Mittelzentrums gewisse Assoziationen zu dem neuen mit Tina Häusermann gemeinsam ausgearbeiteten Programm „Vom Umtausch ausgeschlossen“. Geboten wird darin ein buntes Themen-Sammelsurium um Mütter mit nervenden Kindern und angeblich so intaktem Familienleben, alleinstehenden Männern auf der Sinnsuche im hochgeheuchelten Single-Lebensglück und die unbändige Kraft der zwei Herzen aus allen Poren schwitzenden Senioren.
Bewährter Ort konspirativer Mutmaßungen über die Befindlichkeiten der Welt des Privaten und die noch immer unüberbrückbaren Unterschiede zwischen Mann und Frau war die Bastionsbühne, die es im Verlauf des vergnüglichen Abends auch noch gegen eine freilaufende Spinne zu verteidigen galt. Das unschuldige Tierchen sorgte für kurze Unruhe in der ersten Reihe, spontane Pointen gleich in Serie und einen unschlagbaren Running-Gag inmitten der sich abwechselnden aber vom Umtausch ausgeschlossenen Themen.
Zunächst gab aber Tina Häussermann nach einem beherzten Griff ins Dekolleté über das darin versenkte Handy ihrer Babysitterin noch schnell letzte Instruktionen, während Fabian Schläper sich darüber ereiferte, dass die junge Mutter angeblich selbst in tiefen Gewölbekellern noch eine feste Verbindung zu ihrer neu geboren Tochter aufbauen und ihren fast schon neurotischen Kontrollzwang voll ausleben kann. Dass der bekennende Chansonnier und Kabarettist selbst nur ein sehr begrenztes Frauenbild hat, machte er gleich zu Beginn unmissverständlich deutlich. Die sich diametral gegenüberliegenden Randzonen markieren einerseits Frauen, die Kuchen backen und am anderen Ende seines grob differenzierenden Spektrums Frauen, die nackt aus Torten hüpfen . . .
Fabian Schläpers „Omma aus dem Ruhrpott“ folgend, wollte sich das gut aufeinander eingespielte Duo aber nicht zu sehr in fremdes Leben einmischen und unnötig Staub aufwirbeln. Da folgten sie uneingeschränkt der weisen Erkenntnis „Wo Staub liegt, da herrscht auch Friede“.
Als „perfekter Kinderbetreuer“ fühlt Fabian Schläper sich erhaben über jeder Kritik an seinen angeblich „subversiven Gute-Nacht-Geschichten“ über Menschen, die sich ausziehen, um Märchenhaftes zu erleben, Prinzen, die erst nach dem Kuss zum Frosch werden oder an seiner Märchenvariante vom zugegebenermaßen etwas verschlafenen „Neuröschen“ und ihren sieben Bengeln.
Da Menschen immer gerne etwas schieben und sich in ihrer penetranten Rastlosigkeit vom Dreirad über den Einkaufswagen bis zum Rollator hin weiterentwickeln, wird im Blick auf einen leider nicht möglichen Umtausch zunehmender Lebensjahre auch das Thema Wellness genüsslich durchforstet. Begeistert von der real existierenden Wohlfühlwelt der von makellosen Menschen ohne nervenden Nachwuchs frequentierten Studios fragt sich die berufstätige Mutter, die ihre beiden Kinder zum Fressen gern hat, warum sie das eigentlich nicht schon lange getan hat . . .
Dass Fabian Schläper nach der Pause statt im „kleinen schwarzen“ Anzug mit viel Augen-Make-up auf High-Heels daher wackelt, war einer verlorenen Wette zu verdanken. Zur Blondine geworden, die immer viel Spaß am Leben hat und sich von Brünetten hauptsächlich dadurch unterscheidet, dass die sich am nächsten Morgen noch daran erinnern, lamentiert Fabian Schläper vor allem lautstark über das tragische Schicksal eines akkurat getrimmten „Damenbarts“. Da er in der sportorientierten Wunderwelt nicht – wie erhofft – von lauter knackigen Biobauern in knappen Badehosen oder Feinripp umgeben ist sondern von eher schlaffen Senioren, zog er sich schmollend zur Aroma-Massage zurück – und wieder um . . .
Beim Rückblick auf seine vielen verflossenen Beziehungen überfiel ihn dann plötzlich eine Single-Melancholie und er fühlte sich im Dunstfeld herauf brandender Depressionen wie ein am Wühltisch zurückgebliebener Pulli oder eine Auflaufform, die im Gegensatz zu den sprichwörtlichen Töpfen doch kein Deckelchen gefunden hat. Während Tina Häussermann mutig darüber philosophierte, dass sich in Kirchheim Fuchs und Hase nicht einmal finden, riss Fabian Schläper sie in einem furiosen Finale in seiner grenzenlose Begeisterung für den Versandgott Wladimir mit, neben dem Brad Pitt so sexy wirkt wie eine Scheibe Brot.
Am Schluss waren sich die beiden Vertreter der fast feindlich sich gegenüberstehender Bereiche „Heile-Welt-Familien“ und „Single-Dasein“ aber einig darüber, dass eigentlich überall der Wurm drin ist – was selbstredend einen Umtausch ausschließt – und bedankten sich höchst zufrieden beim begeisterten Heimpublikum.