Zur Berichterstattung über die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen
„Lieber keine Regierung als eine schlechte Regierung“ - tönte Herr Lindner vorletztes Jahr und wiederbelebt den alten Ruf (dank Erich Mende) einer Umfaller-Partei. Und der seit den 50er-Jahren von der CDU „mitgeschleppte braune Bodensatz“ hat nicht nur überlebt, sondern zeigt sich in Thüringen als aus der Versenkung auferstanden. Formal verlief alles korrekt, alles nach demokratischen Richtlinien - auch das Dritte Reich begann nicht mit einer „Machtergreifung“ sondern einer formal legitimierten demokratischen Kanzlerwahl beziehungsweise Ernennung.
Aber was „formal demokratisch“ und damit „demokratisch legitimiert“ zustande kommt, muss deshalb nicht den Geist der Demokratie atmen - und es ist beeindruckend und bestürzend zugleich, mitzuerleben, wie die AfD seit ihrer „Entpuppung“ dieses Land und seine „Altparteien“ vor sich hertreibt und den Stil und Ungeist früherer Zeiten wiederbelebt - und dies auch in unterschiedlicher Weise von den „Altparteien“ auch noch protegiert wird, gewollt oder ungewollt steht dabei nicht zur Frage.
Gott sei Dank zeigt die Geschichte, dass sich Geschichte nie wiederholt, aber auch ein Wolf im Schafspelz bleibt ein Wolf, sogar wenn er Kreide schluckt. „Machtversessenheit, Machtvergessenheit“ als Wurzel des aktuellen Geschehens, von Altbundespräsident von Weizäcker trefflich als Urübel Bonner beziehungsweise Berliner Politikestablishments beschrieben, in Thüringen hat es sich heute (für nur kurze Zeit) in all seiner Unherrlichkeit offenbart.
Dr. Matthias Komp, Kirchheim