Weilheim. Der Begriff „Belcanto“ stammt vom italienischen „bel canto“, übersetzt „schöner Gesang“. Er war wirklich schön, der Gesang des Belcanto-Quintetts Stuttgart. Beim Adventskonzert in der Weilheimer
Peter Dietrich
Peterskirche blieben keine Zweifel: Auch gestandene Herren können zart und lieblich sein.
„Das Wunder der Weihnacht wurde von Anfang an besungen, angefangen mit den Engeln“, sagte Pfarrer Peter Brändle bei der Begrüßung. „In vielen Kulturen, auf unterschiedliche Weise, ob klassisch oder volkstümlich.“ Damit hatte Brändle die Bandbreite des sehr kurzweiligen Konzerts gut beschrieben. Beschränkte sich die Zuhörerschaft der himmlischen Heerscharen, die vor gut 2 000 Jahren ihr „Ehre sei Gott in der Höhe“ anstimmten, auf ein paar Hirten, konnte sich das Belcanto-Quintett über etwa 300 Zuhörer freuen.
Der Erlös des Konzerts kommt der Stiftung Peterskirche zugute. Und damit ebenfalls der Musik: Für nächstes Jahr steht die Überholung der Orgel an, sie wird von der Stiftung mitfinanziert. Das im Jahr 1795 von Andreas Goll geschaffene Instrument ist eine der bedeutendsten Denkmalorgeln der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Sie erklang beim Konzert zweimal solo, gespielt von Michael Kuhn, dem Pianisten des Quintetts.
Die Peterskirche mit ihrer reichhaltigen Ausstattung ist nicht nur ein Fest für die Augen, sondern auch für die Ohren. Das Konzert des stimmlich makellosen Belcanto-Quintetts machte einmal mehr die hervorragende Akustik des Gotteshauses deutlich. Zwar ist der jenseits des Altars gelegene Chor schwierig zu beschallen, doch er wurde beim Konzert nicht genutzt.
Zum Auftakt erklang das „Tollite hostias“ aus dem Weihnachtsoratorium op.12 von Charles Camille Saint-Saëns von der Empore aus. Es folgte, nun von unten, ein wunderbar zartes A-capella-Arrangement von „Es ist ein Ros‘ entsprungen“. Fröhlich ging es mit dem aus Tirol stammenden „Es blühen die Maien“ weiter. Beim böhmischen Lied „Kommet ihr Hirten“ erklang ein kräftiges und überzeugendes „Fürchtet euch nicht!“. Auch das aus dem Salzkammergut stammende „Still, still, still“ wurde, wie viele andere Lieder, vom Belcanto-Quintett-Tenor Wolfgang Isenhardt arrangiert. Die äußerste Präzision der Sänger machte die Texte hervorragend verständlich.
Mit „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ folgte das erste von zwei Gemeindeliedern. Danach ging es mit „Wann I zur Weihnachtszeit“, aus Kärnten stammend, und „Werst mei Liacht ume sei“ weiter. War das für den mächtigen Retter, der nach den Worten des Propheten Jesaja einmal „die Starken zum Raube haben“ wird, nicht etwas zu süßlich? Vielleicht kann ja der manchmal staubtrockene Protestantismus etwas mehr Herz vertragen. „Das Belcanto-Quintett holt die Lieder, die uns zu Herzen gehen, in die Kirche herein“, lobte Brändle.
Die Tenöre Wolfgang Isenhardt und Peter Besch, Mikhail Shashkov im Bariton und Helmut Kühnle im Bass können aber auch weniger süß. Ihr rhythmisches „Gatatumba“ stammte aus Spanien, könnte aber genauso gut eine Erfindung der Comedian Harmonists sein. Bei der schwierigen A-capella-Version von „Go, Tell It On The Mountain“ kamen die Einzelstimmen gut zur Geltung, der kräftige Applaus war verdient. Ebenfalls locker gemeistert wurde der melodisch anspruchsvolle „kleine Trommelmann“ aus den USA. Beim Mondlied aus Anton Dvoraks „Rusalka“ war der Pianist besonders gefordert.
Das „Oh, When The Saints“, Teil des abschließenden Spiritual-Medleys, ist allseits bekannt. Weniger bekannt ist vielleicht, dass das Lied ein sehr ernsthaftes Gebet ist: Herr, wenn die Heiligen in den Himmel einmarschieren, dann lass mich dabei sein. Nach Hause marschieren wollten die Zuhörer nach zwei Dutzend Stücken noch nicht, sie erklatschten sich einige Zugaben. Bei der letzten, „Stille Nacht“, durften sie nochmals selbst einstimmen – mit der Bitte, sich durch anderslautende Gesänge des Belcanto-Quintetts nicht verwirren zu lassen. Das Experiment gelang.