Am Sonntag wird Eckhard Schlatter in der Peterskirche in Weilheim als Pfarrer eingesetzt
Zu Gemeinde mit nettem Kollegen

Für drei Jahre kam Pfarrer Eckhard Schlatter nach Steinheim an der Murr, es wurden 13 Jahre. „Die Menschen brauchen ein Vertrauensverhältnis und das braucht Zeit“, sagt er. Am Sonntag wird er als zweiter evangelischer Pfarrer in Weilheim eingeführt, auch hier will er lange bleiben.

Weilheim. „Der CVJM hat mich geprägt, durch ihn kam ich zum Theologiestudium“, sagt Eckhard Schlatter. Geboren wurde er 1964 in Esslingen, sein Vater Gerhard Schlatter ist ein Urgestein des dortigen CVJM und seiner Pfadfinderarbeit. Das Theologiestudium führte Schlatter nach Tübingen und Marburg. Sein besonderes Interesse galt der systematischen Theologie. Besonders beeinflusst sieht er sich vom Theologen Paul Tillich, der gleichzeitig in verschiedenen Bereichen gedacht und gelebt habe. „Ich möchte mich mit den Denkströmungen auseinandersetzen, finde das spannend.“

Zum Ausbildungsvikariat kam Schlatter nach Böblingen-Dagersheim. Dort war er auch bei den landeskirchlichen Gemeinschaften - Hahn’sche, Apis, Liebenzeller - gerne zu Gast. Was nicht bedeutet, dass er sich nach der frommen Enklave sehnt, im Gegenteil. „Es ist mir wichtig, als Theologe mitten im Leben zu stehen“, betont Schlatter, der sich selbst als „liberalen Pietisten“ beschreibt.

Seine Beauftragung als Pfarrvikar in Steinheim war bis September 2000 befristet, dann wurde er dort als Pfarrer bis 2005 eingesetzt, blieb schließlich bis Januar 2011. Nun soll seine dortige 100-prozentige Pfarrstelle laut Pfarrplan auf 75 Prozent reduziert werden. Das war für Schlatter der Anlass, sich zu verändern.

Was er suchte? „Eine große Gemeinde mit einem netten Kollegen.“ Weilheim kannte er schon aus seiner Esslinger Zeit, damals war er auf Ausflügen mit dem Fahrrad durchgekommen. Seinen Kollegen Peter Brändle, geschäftsführender Pfarrer in Weilheim, kannte er vom Studium. Von der Größe liegen Weilheim und Steinheim in der gleichen Größenordnung, genau richtig für Schlatter, der nie Citypfarrer in einer Großstadt werden möchte. Was ihm in Weilheim schnell auffiel, ist das vielfältige Gemeindeleben. Zum Kennenlernabend kamen 120 Mitarbeiter. „Viele Menschen, viele Gaben, eine tolle Chance“, meint Schlatter. Ihm liegen die Alteingesessenen genauso am Herzen wie Bewohner der Neubaugebiete, die vielleicht entwurzelt sind und wieder mit der Kirche in Kontakt kommen möchten.

Seine Wohnung und sein Pfarrbüro liegen neben dem Gemeindehaus auf dem Egelsberg. Dort zog er mit seiner Frau Ulrike Baur, der 15-jährigen Tochter Judith und dem zehnjährigen Sohn Paul ein. Der älteste Sohn Philipp geht mit 20 Jahren bereits eigene Wege und wird oft zu Besuch in Weilheim sein. Bei 180 Umzugskisten verwundert es nicht, wenn Schlatter beim Umzug von einem „Kraftakt“ spricht.

Sohn Paul geht aufs Schlossgymnasium. Tochter Judith hatte sich - gegen den väterlichen Rat - für die etwas ausgefallene Sprachkombination Spanisch und Latein und zusätzlich Russisch entschieden. Auf dem Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium kann sie diese fortführen. Es ist nicht die einzige positive Entwicklung: Der neue Ort mache das Einleben leicht, meint Schlatter, der seinen Dienst zum 1. Februar angetreten hat. Zur Konfirmation und zu deren Hauptprobe wird er nochmals nach Steinheim zurückkehren, das war ihm wichtig.

In Weilheim wartet ein ganzer Bauchladen von Aufgaben auf ihn, von der Kinderkirche bis zu Jugendgottesdiensten und dem Offenen Treff. Zuerst einmal will er sich bei den Mitarbeiterteams vorstellen und diese kennenlernen. Menschen begleiten, und sei es auf Abruf im Hintergrund, sieht er als seine Aufgabe an. „Man teilt Freud und Leid miteinander.“ Als er Steinheim verließ, habe es nicht nur bedauernde Worte, sondern auch so manche Träne gegeben. Die sieben, acht Jahre, die ein evangelischer Pfarrer normalerweise an einem Ort bleiben sollte, hält Schlatter für zu wenig.

Seine Hobbys? Aus der Esslinger Pfadfinderarbeit ging die Rockband „Preachers ‚n‘ Poets“ hervor, bei der Schlatter heute noch spielt. Denn er mag die Rockmusik der 1970er- und 1980er-Jahre. Als die Steinheimer Kirchengemeinde für die Sanierung ihres Kirchturms einen Eigenanteil von 70 000 Euro zusammenbringen musste, trafen sich Dienst und Hobby, ein Benefiz-Rockkonzert erbrachte 4000 Euro. Auch in Weilheim ist für den Sommer schon ein Bandauftritt in Planung. Schlatters weiteres Interesse gilt alten Motorrädern aus der Region, wie sie von NSU oder Maico gebaut wurden. Gitarre und E-Bass und Motorräder, diese Kombination könnte zu Missverständnissen führen. „Der Rockpfarrer möchte ich nicht sein“, merkt Schlatter vorsorglich an.

Nun freut er sich auf die Zusammenarbeit mit seinem Pfarrkollegen, dem Kirchengemeinderat und den Mitarbeitern und auf viele Begegnungen. „Der Neuanfang zwingt einen, sich zu öffnen“, sagt er. „Wer weiß, was Gott mit mir vorhat.“

 

Die Investitur mit Dekanin Renate Kath in der Peterskirche in Weilheim beginnt am Sonntag, 20. Feb­ruar, um 10 Uhr.