China ist weit weg - und doch so nah: Am gestrigen Freitag sind 15 deutsche Staatsbürger oder deren Angehörige, die sich in der chinesischen Provinz Hubei respektive in der Stadt Wuhan aufgehalten hatten, nach Deutschland zurückgekehrt. Sie kamen am Flughafen in Echterdingen an, wurden dort eingehend medizinisch untersucht und anschließend vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) nach Kirchheim gebracht. Dort verbringen sie die kommenden 14 Tage in einem separaten Trakt des ateck-Hotels.
Bei der zweiwöchigen Isolierung handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme - um sicherzustellen, dass sich keiner der Rückkehrer mit dem Coronavirus infiziert hat. Bislang bestehen keinerlei Verdachtsmomente bei den 15 Personen, und das soll möglichst auch so bleiben. Nur um letztgültige Sicherheit zu erhalten, müssen sie eben die nächsten zwei Wochen noch in ihrem abgeschiedenen Bereich verbringen.
Warum sind die 15 China-Heimkehrer jetzt ausgerechnet in Kirchheim untergebracht? Udo Bangerter, Pressesprecher des DRK Baden-Württemberg, sagt dazu: „Das liegt daran, dass wir hier unser Logistikzentrum am Hohenreisach haben.“ Das DRK ist zuständig für den Transport der 15 Personen und auch für deren Versorgung, unter anderem mit Lebensmitteln. Sie bekommen ihr eigenes Essen in den separaten Hoteltrakt geliefert - auf Einmalgeschirr.
„Normalerweise würden diese Leute die nächsten 14 Tage in ihrer eigenen Wohnung zubringen“, führt Udo Bangerter weiter aus. Weil sie sich aber längerfristig in China aufhielten oder aufhalten wollten, hatten sie keinen Wohnsitz mehr in Deutschland. In solchen Fällen ist die Bundesregierung, die sich um die Heimkehrer kümmert, auf eine andere Unterbringungsmöglichkeit angewiesen. Das ateck-Hotel hat dabei den Vorteil, einerseits nahe am Stuttgarter Flughafen und an der Autobahn zu liegen sowie andererseits ganz in der Nähe des DRK-Logistikzentrums.
Hotelbetrieb läuft normal weiter
Der eigentliche Hotelbetrieb ist von der Quarantäne-Unterkunft nicht betroffen, sagt Geschäftsführerin Melanie Kübler-Strobel: „Wir können und dürfen unsere Arbeit ganz normal fortführen.“ Schließlich hätten die 15 neuen „Gäste“ ja bereits in China drei Wochen unter strenger Beobachtung verbracht und seien nun auch in Deutschland noch einmal untersucht worden - ohne dass es dabei einen auffälligen Befund gegeben hätte: „Die sind eigentlich allesamt vollkommen gesund.“
Für die Hotelchefin besteht deswegen auch kein Grund für persönliche Ängste: „Ich lebe und arbeite ja selbst mit meiner Familie in dem Haus. Wenn man jemanden im Krankenhaus besucht, ist die Ansteckungsgefahr viel größer, als wenn man sich bei uns im Hotel aufhält.“ Anfänglich hatte sie sich keine Gedanken gemacht, dass die Aufnahme von China-Heimkehrern irgendwelche Sorgen auslösen könnte: „Wir sind da ganz kurzfristig informiert worden, am Donnerstagabend, ohne große Ankündigung im Vorfeld.“
Inzwischen hat sie bereits die unterschiedlichsten Reaktionen erhalten: „Da gibt es Anrufer, die wohnen einen Kilometer von uns entfernt und haben Angst, dass sie erkranken könnten.“ Es gibt aber auch Schreiben von Gästen, die ihre Reservierung nicht absagen und das Hotel loben, weil es den 15 Personen in ihrer misslichen Lage Raum zur Verfügung stellt. „Außerdem habe ich jetzt auch viele Gespräche mit Vertretern von ganz unterschiedlichen Behörden geführt“, berichtet Melanie Kübler-Strobel: „Die haben alle immer wieder gesagt, dass eine richtige Grippe weitaus gefährlicher ist.“
Sie selbst ist schon fast zur Expertin für das Coronavirus geworden: „Anstecken kann man sich nur durch Tröpfcheninfektion, also durch direktes Anhusten oder Anniesen. Man kann sich nicht über die Luft anstecken.“ Deswegen bestehe auch keine Gefahr für die Umgebung des Hotels, wenn die 15 Personen sich in einem eigens abgezäunten Außenbereich aufhalten: „Da sind ja auch Kinder dabei, und mir tun die Leute ganz einfach leid“, meint Melanie Kübler-Strobel. Sie selbst würde auch nur äußerst ungern 14 Tage in einem Gebäude verbringen, ohne eine Möglichkeit zu haben, an die frische Luft zu kommen.
Dass die Belegung des Hoteltrakts in Kirchheim sehr kurzfristig erfolgt war, bestätigte gestern auch Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker: „Ich bin am Donnerstag telefonisch darüber informiert worden, dass deutsche Staatsangehörige aus China vorübergehend nach Kirchheim kommen. Das ist über das Auswärtige Amt, über das Gesundheitsamt und über das DRK gelaufen. Es würde über unseren Kopf hinweg entschieden. Es gab keine Abstimmung mit der Stadt Kirchheim.“ Nach ihren Informationen hätten die Rückkehrer wohl im Hohenreisach untergebracht werden sollen. Weil es dort aber an ausreichenden Sanitäranlagen fehle, hätten die Verantwortlichen ein Hotel in der Nähe gesucht. Fündig wurden sie im ateck-Hotel.
Am 6. oder 7. März müsste die Quarantäne beendet sein. Wenn sich dann auch bei der abschließenden Untersuchung keine Krankheitssymptome zeigen, dürfte sich auch die Aufregung um „China in Kirchheim“ recht schnell wieder legen.