Armin Steudle stellt in der Städtischen Galerie im Kornhaus „Nachtbilder“ aus
Zwischen Realität und Fiktion

Kirchheim. Es knirscht in den Bildern. Etwas beginnt zu kippen, etwas anderes zu schmelzen. Wachstum und Zerstörung gehen Hand in
 Hand; florale Prachtentfaltung begegnet urbaner Tristesse und steigert sich zur Explosion. Hinter allem lauert ein latentes Gefühl von Gefahr, und allmählich beginnt der Betrachter zu ahnen, wie reizvoll und gefährlich nah Schönheit und Schrecken in diesen Werken liegen.

Vielschichtig aufgeladen kommen die „Nachtbilder“ daher, die der Wendlinger Maler Armin Steudle aktuell im ersten Obergeschoss der Städtischen Galerie im Kornhaus zeigt. Das bewusste „In Beziehung setzen“ einander vermeintlich fremder Motive, das Erzielen gehaltvoller Dichte und reicher Textur aufgrund des Ineinanderwirkens malerischer Flächen und zeichnerischer Elemente ist charakteristisch für Steudles Schaffen und war auch in seinen Einzelausstellungen der letzten Jahre zu studieren: an seinen Stillleben in der Stuttgarter Galerie Eigenart ebenso wie an den exotischen und historischen Bildern, die im Kunstverein Weil der Stadt und der Städtischen Galerie Filderstadt zu sehen waren. Den Bildraum mittels serieller Reihung konflikthaft zu gliedern, zieht sich als roter Faden sogar durch das gesamte malerische Werk und reicht somit bis in die Siebzigerjahre zurück.

1951 in Kirchheim geboren, führte das Studium der Malerei Armin Steudle an die Stuttgarter und Pariser Kunstakademien. Parallel absolvierte er ein kunsthistorisches Studium bei dem Rembrandt-Spezialisten Werner Sumowski an der Universität Stuttgart.

So überrascht es auch nicht, dass der Maler sich immer wieder mit entsprechender Sachkenntnis aus dem Fundus der Kunstgeschichte bedient. Im Kirchheimer Kornhaus zitiert Steudle Hokusais berühmte Woge als Umrisszeichnung und lässt sie einen von katastrophal zerstörter Architektur gefüllten Bildraum überlagern. Andernorts sind ebenfalls von gewaltiger Dynamik geprägte Wellen zu entdecken; diesmal handelt es sich um ein stark hochgezoomtes Detail einer Illustration von Gustave Doré.

Neben solch tradierten Bildvorlagen inspirieren Armin Steudle auch Fotografien zeitgenössischer Medien, die er der Presse oder dem Internet entnimmt. Diese gesuchten und gefundenen Vorlagen erachtet der Künstler oftmals für inhaltsreicher als die selbst gestrickte Fiktion. Steudles künstlerische Leistung ist also nicht im bloßen Erfinden von Bildmotiven zu verorten, vielmehr in deren souveränen malerischen Umsetzung und Verwandlung, die aller Gegensätzlichkeit zum Trotz stets zu einer ausgewogenen Bildkomposition führt, und in der Lage ist, auch Disparates zu vermitteln und in eine hartkantige, teils fragile Form der Harmonie zu setzen.

Die Ausstellung „Armin Steudle – Nachtbilder“ ist noch bis einschließlich Sonntag, 19. Februar, im ersten Obergeschoss der Städtischen Galerie im Kornhaus zu sehen.