Aus der Not will die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen eine Tugend machen: So kommentierte Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader im Gemeinderat die Pläne, an der Alleenstraße in Kirchheim fünf neue Wohngebäude zu erstellen: „Die Not besteht darin, dass das vorhandene Gebäude für den aktuellen Bedarf einer Kreissparkasse viel zu groß ist.“ Nach intensiven Beratungen im Gestaltungsbeirat soll der stadtbildprägende Gebäudetrakt zur Alleenstraße hin erhalten bleiben. Der hintere Teil dagegen wird abgerissen und ebenso wie der freie Platz zur Lauter hin bebaut. Trotz der Nachverdichtung im Innenbereich, durch die 63 neue Wohneinheiten entstehen sollen, sprach Pascal Bader von einer „lockeren Bebauung – mit hohen Ansprüchen an die Nachhaltigkeit“.
Bestandsfläche ist viel zu groß
Architekt Afshin Arabzadeh stellte das Gesamtkonzept vor. Hintergrund sei die Tatsache, dass zwei Drittel der Fläche im Bestand nicht mehr genutzt werden und dass die Innenverdichtung – mit dem Ziel, Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen – dem Zeitgeist entspreche. Entstehen soll ein „offenes, vernetztes Quartier“, das eigentlich noch über das bisherige Kreissparkassen-Areal hinausreichen würde: Das benachbarte Gebäude des Teckboten soll ebenfalls eine neue Nutzung erhalten, weil vorgesehen ist, dass der Verlag ins Druckhaus in der Bohnau umzieht.
Allerdings sei die Kreissparkasse konzeptionell schon deutlich weiter, weshalb der Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Südlich der Mühlgasse“ tatsächlich noch nicht das Teckboten-Areal mit einbezieht, das nördlich der Mühlgasse liegt. Trotzdem sehe das Gesamtkonzept vor, auch das Nachbargrundstück mit einzuplanen. Das kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass die zweigeschossige Tiefgarage, deren Einfahrt in etwa auf der Höhe der jetzigen Kreissparkassen-Tiefgarage liegt, später einmal Stellplätze für beide Bereiche bieten soll.
Auf der Fläche „Südlich der Mühlgasse“ sollen gut 7000 Quadratmeter Wohnfläche entstehen. Etwa 3000 Quadratmeter würden künftig dem Bedarf der Kreissparkasse entsprechen. Für Einzelhandel beziehungsweise Arztpraxen sind rund 800 Quadratmeter vorgesehen. Die Zahlen sind allerdings noch mit Vorsicht zu genießen, weil die Details immer wieder variieren – je nach Überarbeitungsstand. Ein Knackpunkt des gesamten Konzepts ist die Kirchheimer Sozialbauverpflichtung, der das Projekt unterliegt. In diesem Fall ist vorgesehen, der Verpflichtung dadurch nachzukommen, dass eine Kindertagesstätte integriert wird.
Zur Höhenentwicklung der Neubauten dient die Traufhöhe des Bestandsgebäudes als Maß. Die Wärme soll eine Heizzentrale der Stadtwerke liefern, wofür neben Erdsonden auch Wärmepumpen vorgesehen sind. Die Flächenversiegelung soll so gering wie möglich gehalten werden, und eine nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung gehört ebenfalls zum Konzept. Afshin Arabzadeh sprach auch die Notwendigkeit an, Schattenplätze zu schaffen: Der Schutz vor der Sonne werde immer wichtiger, auch wenn aus seiner Sicht die Sonne an dieser Stelle ein geringeres Problem darstelle als die Hitze.
Abbruchmaterial wird recycelt
Nachhaltig ist auch der Umgang mit dem Abbruchmaterial: Der Beton soll recycelt werden, und selbst für die Klinkersteine ist an eine Wiederverwendung gedacht. Der Heizzentrale kommt eine weitreichende Bedeutung zu, weil sie über das eigentliche Areal hinausreichen soll: Auch für das Kornhaus wird sie die Wärme liefern.
Der Kirchheimer Gemeinderat hat jetzt zunächst den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Das baurechtliche Verfahren ist damit also in Gang gebracht. Die Grünen-Stadträtin Sabine Lauterwasser hofft, dass auch die Planungen für das Teckboten-Areal noch entsprechend Fahrt aufnehmen, sodass möglicherweise schon der Satzungsbeschluss für beide Gebiete zusammen fallen kann.
Bezahlbarer Wohnraum versus Betreuungsplätze
Die Sozialbauverpflichtung war in der Gemeinderatsdebatte über die Pläne für das Areal „Südlich der Mühlgasse“ ein wichtiger Punkt. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Marc Eisenman würde sich wünschen, dass außer der Kindertagesstätte auch noch Wohnungen entstünden, die deutlich unterhalb der ortsüblichen Preise vermietet werden. Eine Art „Tauschhandel“ zwischen kostengünstigen Wohnungen einerseits und Kinderbetreuung andererseits möchte auch Sabine Lauterwasser (Grüne) nicht zur Regel werden lassen. CIK-Stadtrat Gerd Mogler findet es gleichfalls „schade, wenn diese beiden Themen gegeneinander ausgespielt werden“.
63 Wohnungen sind für Ulrich Kübler (Freie Wähler) so bedeutend, dass man beim konkreten Projekt „darüber nachdenken kann, die Sozialbauverpflichtung kreativ handzuhaben“. Oberbürgermeister Bader sieht es ähnlich: „Der Druck, Kita-Plätze bereitzustellen, ist in diesem Fall größer als der Druck, Sozialwohnungen anzubieten.“ vol