Digitalisierung
Das Rathaus wird papierlos

In der Kirchheimer Stadtverwaltung wird sozusagen groß ausgemistet: Die meterlangen Aktenordner sollen bald Geschichte sein, die Archivierung erfolgt dann nur noch im PC. 

Weg mit den alten Aktenordnern: Viele Betriebe und Verwaltungen wollen mit der Zeit gehen und papierlos werden, hier ist das große Ausmisten angesagt. Symbolfoto: Markus Brändli

Papier ist teuer und braucht viel Platz. Auch die Verwaltung alter Akten ist aufwändig. Während man heute im PC meist schon via Suchfunktion mit mehreren Klicks fündig wird, musste früher ausgiebig in staubigen Aktenordnern gestöbert werden. In den Verwaltung werden deshalb landauf, landab Akten digitalisiert. Auch das Kirchheimer Rathaus soll samt Außenstellen papierlos werden – nur nicht in den Toiletten.

Was die Umstellung von gedruckt auf digital in der Verwaltung bedeutet, machte Bürgermeister Günter Riemer im Kirchheimer Gemeinderat mit eindrucksvollen Zahlen klar. Seine Mitarbeiter hatten nämlich zuvor im Baurechtsamt den Meterstab angelegt, und siehe da: Allein in diesem Amt summieren sich die Aktenordner auf eine länge von 1,06 Kilometern. Zwar müssen nirgends soviel Akten wie hier archiviert werden, von Plänen bis zu Baugesuchen, doch auch in anderen Ämtern kommen lange Strecken an Ordnern zusammen.

Sortieren und aussortieren

Die Verwaltung steckt also mitten in einer echten Herkulesarbeit: „Wir müssen viel sortieren, aussortieren und schredden“, erklärte der Bürgermeister. Erfreulicherweise funktioniere überall im Haus das W-Lan hervorragend. Schon Ende dieses Jahres soll es E-Rechnungen geben, im kommenden Jahr wird dann komplett auf elektronischen Rechnungsverkehr umgestellt. Die Einführung der E-Akte scheint für 2026 durchaus realistisch.

Die Umstellung bringt entsprechende Schulungen für die Mitarbeiterschaft mit sich. Der Workflow wird in allen Bereichen einfacher und effektiver, und die Stadt hofft, so auch für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiv zu sein. Durch die Digitalisierung und die Vereinfachung der Prozesse wird zudem langfristig mit gewaltigem Einsparpotential gerechnet.

Die Digitalisierung ist natürlich nicht nur ein Projekt für Schreibtischtäter, sie prägt den Alltag der gesamten Gesellschaft. Unter dem Stichwort „Smart City“ gehört beispielsweise der engagierte Breitband-Ausbau, der in Kirchheim durch etliche Baustellen offenkundig wird. Ziel ist, bis Ende des Jahres im gesamten Stadtgebiet die neuesten Mobilfunkstandards 4G/5G bieten zu können.

Im Fokus der Digitalisierung stehen auch die insgesamt 13 städtischen Schulen und 19 Kindertageseinrichtungen. Eine Vision ist die digitale Schule bis Ende 2030. Zunächst steht der Kita-Bereich im Vordergrund. Das bedeutet allerdings keinesfalls, dass künftig jeder Dreikäsehoch mit einem Laptop in der Leseecke sitzen wird. Vielmehr geht es in erster Linie um den enorm aufwändigen Dokumentationsbereich und beispielsweise die Weitergabe von Informationen zwischen Personal und Eltern. 

Einfach, barrierefrei, effizient

Alles in allem zeigte sich Bürgermeister Günter Riemer sehr zufrieden mit der Digitalisierung der Stadt Kirchheim, die speziell innerhalb der Stadtverwaltung einen gewaltigen Schub erhalten habe. Dennoch sei die Stadt von einer Smart City noch weit entfernt, weshalb intensiv an ihrem Aufbau weitergearbeitet werden müsse. Hinter dieser Aufgabe stehen alle Stadträte geschlossen. SPD-Mann Michael Faulhaber formulierte das übergeordnete Ziel: „Die Bürger sollen einfachen, barrierefreien und effizienten Zugang zu unseren Dienstleistungen haben.“

„Stolperfalle“ Digitalisierung

Die Digitalisierung in Kirchheim wird von der Verwaltung hoch gelobt und von der Bürgerschaft überwiegend sehnlichst erwartet. Doch sie birgt auch Stolperfallen. Das gilt im übertragenen Sinn, weshalb die Räte auf verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Daten hinwiesen. Das gilt aber auch im wörtlichen Sinn. So meldete sich in der Bürgerfragestunde eine Kirchheimerin zu Wort, die an Krücken in den Ratssaal gelangt war. Und genau dies war auch der Grund für ihre Wortmeldung. Die Bürgerin aus dem Paul-Schempp-Weg im Steingau-Quartier berichtete von einem Radunfall. Grund seien wiederholt geöffnete Wege aufgrund der Breitbandverkabelung, auch lange nach Abschluss der Arbeiten. „Warum kann man das nicht komplett schließen?“ erkundigte sich das Unfallopfer und sah eine Gefahr für Rollstuhl-Fahrer und Kinder. Für Bürgermeister Günter Riemer war das Problem nicht neu. Er betonte, die Stadt sehe den Firmen sehr wohl auf die Finger. Allerdings sei die Breitbandverkabelung Sache der Netzbetreiber. Und so scheint der Einfluss der Stadt begrenzt: „Da wird mit Subsubsubunternehmern gearbeitet...“​​​​​ ​