Umwelt und Bildung schließen einander nicht aus: Als es eine Zeit lang Mode war, dass Schülerinnen und Schüler freitags für die Zukunft demonstrierten und sich zu diesem Zweck selbst ermächtigten, der Schulpflicht nicht nachkommen zu müssen, gab es am Kirchheimer Schlossgymnasium eine kleine Gruppe, die stattdessen auch samstags zur Schule kam, um über Jahre hinweg an einem äußerst erfolgreichen Projekt zu arbeiten. Der Titel klingt zunächst nach einem Filmbeitrag aus der „Sendung mit der Maus“ oder für „Löwenzahn“: „BHKW – Was ist das eigentlich?“
Tatsächlich aber hat genau der Film mit diesem Titel, den sechs Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihrem Betreuer Sebastian Oßwald gedreht haben, zum Sachpreis „Technik“ beim aktuellen Bundes-Umwelt-Wettbewerb geführt – in der Alterskategorie II, also für die 17- bis 20-Jährigen. In Hamburg war jetzt die Verleihung von 35 Haupt-, Sonder- und Förderpreisen. Der Beitrag des Teams aus Kirchheim zählt somit zu den höchst erfolgreichen unter insgesamt 281 eingereichten Arbeiten.
Der Film beantwortet die Frage, was ein BHKW (Blockheizkraftwerk) eigentlich ist, nicht nur völlig korrekt – also unter anderem anhand vieler chemischer Formeln –, sondern auch ausgesprochen unterhaltsam: „Eingebettet ist das in eine Kriminalgeschichte, die der Film in der Rahmenhandlung erzählt“, berichtet Sebastian Oßwald. „Der Jury hat diese Idee besonders gut gefallen.“
Nacht und Nebel waren indessen nicht nur für die spielerischen Mafia-Elemente des Films wichtig, sondern auch für die Beantwortung der Ausgangsfrage: Während Schüler im Winter bei Kälte und Dunkelheit ausharren, bis die Schule offiziell aufgeschlossen wird, beneiden sie die Lehrer, die sich schon längst im Inneren aufhalten – bei Licht, vor allem aber in der Wärme. Für beides, also für Licht und Wärme, sorgt das BHKW am Schlossgymnasium.
Der Sache, von der im Schulalltag letztlich alle profitieren, wollen die Schüler im Film nun auf den Grund gehen: Um sich einen Einblick in die Funktionsweise des Blockheizkraftwerks zu verschaffen, sehen sie sich die Sache näher an: Per „Einbruch“ gelangen sie in die Heizzentrale, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Und das ist das Innovative an dieser Art der Wissensvermittlung: Anstatt dass Lehrer Oßwald einfach erzählt, wie ein BHKW funktioniert, wird eine spannende, dubiose Geschichte daraus gemacht. Wer den Film sieht, will genau deshalb wissen, wie ein BHKW arbeitet – weil es dieses Wissen offensichtlich wert ist, einen „Einbruch“ zu begehen.
Wärme aus Abwasser
Der Film gibt das Geheimnis Stück für Stück preis, weil sich die Schülerinnen und Schüler sukzessive heranarbeiten und die chemischen Prozesse nachvollziehen – wie beispielsweise auch dem Abwasser noch Wärme entzogen werden kann, um die Schule möglichst umweltfreundlich zu heizen. In diesen Prozessen des Nachvollziehens ist es eben nicht der Lehrer, der die Tafeln oder auch die Fensterscheiben vollschreibt, es sind die Schüler. Und sie erklären in eigenen Worten, was sie da schreiben. An einer Stelle ist sogar absichtlich ein Fehler eingebaut, der erst nachträglich „erkannt“ und berichtigt wird.
Was hat das Film-Team nun von diesem Film? Jede Menge Wissen und Erfahrung haben die jungen Leute gesammelt – über das Thema selbst, aber auch über das Filmen und über eine außergewöhnliche didaktische Darstellung äußerst komplexer Sachverhalte. Eine eigene Zeugnisnote für das Projekt gibt es freilich nicht, und auch keine „Gage“. Sebastian Oßwald lobt deswegen das gesamte Team – fürs „Dranbleiben“ über so einen langen Zeitraum hinweg: „Da ist die Motivation die ganze Zeit über hochzuhalten, nicht nur an vielen Extra-Samstagen, auch sonst an vielen Nachmittagen oder auch mal morgens um sechs.“ Nachträglich will er deshalb den Preis im Wert von 550 Euro möglichst in einen gemeinsamen Abschluss investieren.
Der Lehrer selbst profitiert von dem Projekt enorm: Auf Jahre hinaus kann er den Film im Chemie-Unterricht verwenden: „Mit diesem Film lässt sich die gesamte Thermodynamik für die Oberstufe aufgreifen. Es geht dann nicht mehr um abstrakte Zahlen und Formeln, sondern um einen konkreten Kontext – um einen Kontext, der die Schüler tangiert.“ Wer wissen will, wie sich Energie umweltfreundlich erzeugen, sparsam verwenden und selbst als „Abfallprodukt“ wie beim Abwasser noch aufbereiten lässt, bekommt durch den Film vielleicht auch Interesse an den abstrakten Zahlen.
Sebastian Oßwald hat zu dem Film sogar ein Arbeitsheft erstellt, gleich in zwei Versionen: mit Aufgaben für Klassen und Kurse sowie mit Lösungen für die Lehrkräfte. Er will den Film auch seinen Kollegen zur Verfügung stellen, selbst weit über Kirchheim hinaus: „Meine Kommilitonen von früher haben den Film alle schon bekommen. Nur eines ist bei denen vielleicht nicht ganz so reizvoll – es fehlt der lokale Bezug.“
Nebenrollen prominent besetzt
In Kirchheim sieht das ganz anders aus. Schließlich sind auch die Nebenrollen prominent besetzt: mit dem Grünen-Stadtrat Manfred Machoczek, der am Schlossgymnasium kein Unbekannter ist, und mit Bürgermeister Günter Riemer, der den großen Unbekannten spielt – angeleuchtet wie seinerzeit der legendäre Orson Welles im Klassiker „Der dritte Mann“.
Großes Kino also: von Schülerinnen und Schülern, für die Schule, für die Umwelt – und für die passende Technik, die für alle Bereiche die beste Lösung bietet.