Fußverkehrs-Check
Den Leuten Lust aufs Laufen machen

Nach dem Abschluss von Workshops und Begehungen werden die Empfehlungen für die Schulwege der Freihof-Grundschule wie auch der -Realschule schriftlich ausgearbeitet. 

Verkehrsplaner Jonas Schmid (links) hat den Fußverkehrs-Check für das Kirchheimer Freihof-Areal als externer Experte geleitet.   Archiv-Foto: Carsten Riedl

Gecheckt sind sie jetzt, die Fußwege rund um den Kirchheimer Freihof: Zum Abschluss des Fußverkehrs-Checks ging es um die Empfehlungen, die in den Bericht einfließen sollen, der dem Gemeinderat irgendwann im Frühjahr vorgelegt wird. Die wichtigsten Punkte sind nahezu deckungsgleich mit dem, was der öffentliche Rundgang im November ergeben hatte: Zum einen geht es um sichere Querungen – vor allem an der Plochinger Straße und an der Paradiesstraße. Zum anderen geht es um das leidige Thema „Elterntaxi“, das nach wie vor die Wollmarktstraße belastet, trotz Durchfahrtssperre. Wer seither auf die Einfahrt in die Wollmarktstraße verzichtet, hat die „Taxi-Fahrten“ deswegen aber noch lange nicht eingestellt: Deutlich stärker belastet ist mittlerweile nämlich die Herdfeldstraße, und zwar bis zu deren Endpunkt an der Friedhofskapelle.

Hoffentlich verändert sich etwas – in den Köpfen und dadurch auch in den Füßen.

Günter Riemer

 

Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer lobte bei der Abschlussveranstaltung den Prozess des Fußverkehrs-Checks als solchen. Durch Workshops wie auch Begehungen lerne man die Stadt noch einmal neu und anders kennen, aus einem ganz anderen Blickwinkel. Was es nun im Anschluss zu entwickeln gebe, sei eine „Mobilitätskompetenz für Kinder – auch außerhalb des Autoverkehrs“. Günter Riemer hofft, dass der Check tatsächlich dazu beitragen kann, etwas zu verändern, „in den Köpfen und dadurch auch in den Füßen“.

Verkehrsplaner Jonas Schmid vom Büro Planersocietät nannte ein wesentliches Ziel des Landes Baden-Württemberg, das den Fußverkehrs-Check fördert: „Es geht darum, den Fußgängeranteil bis 2030 von 22 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen.“ Soll das gelingen, muss sich in Köpfen und Füßen wirklich einiges ändern.

„Lebendige Ortsmitten schaffen“

Dazu beitragen soll ein weiteres Ziel: Das Land will Kommunen dabei unterstützen, „deutlich mehr lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten zu schaffen“. Auch das stärkt die Bereitschaft, öfters einmal zu Fuß zu gehen. Und dazu braucht es noch mehr als gut ausgebaute Gehwege oder Querungshilfen an vielbefahrenen Straßen, wie Jonas Schmid betont: „Zum Fußverkehr gehören auch Sitzgelegenheiten.“ Auch sonst lasse sich die Attraktivität von Fußwegen erhöhen, etwa durch eine ansprechende Gestaltung und durch eine ausreichende Beleuchtung.

Jonas Schmid warnte aber auch vor möglichen Enttäuschungen der Teilnehmer, indem er darauf verwies, dass sich nicht alle Vorschläge umsetzen lassen, schon gar nicht sofort – obwohl sich immer wieder kleinere Verbesserungen recht schnell und unkompliziert realisieren ließen. Als Beispiel nannte er die notwendige Barrierefreiheit für Menschen mit Sehbehinderungen: „Hindernisse wie Fahrradständer müssen deutlich sichtbar gemacht werden, durch Bänder in Signalfarben.“

Manchmal gibt es aber auch ganz andere Konfliktsituationen: Wünschenswert im Sinne eines verbesserten Fußverkehrs wäre eine erhöhte „Durchlässigkeit“. Das gilt auch für den Schulstandort Freihof, der für viele Fußgänger eine attraktive Abkürzung darstellen könnte. Vertreter der Schule winkten an dieser Stelle aber entschieden ab. Ein Problem bestünde darin, dass diese Abkürzung über Schulhöfe führt, die gerade auch in den Pausen nicht öffentlich zugänglich sein dürfen. Gefahren habe es da früher auch durch Radfahrer gegeben. Ein weiteres Problem wäre der Vandalismus, der durch die Schließung des Schulgeländes außerhalb der Schulzeiten endlich spürbar zurückgegangen sei.

An diesem Beispiel zeigt sich, welcher Stellenwert dem Dialog im Fußverkehrs-Check zukommt. Jonas Schmid stellt das bei seiner Arbeit immer wieder fest: „Die Menschen vor Ort kennen die alltäglichen Wege und die alltäglichen Schwierigkeiten. Und im gemeinsamen Gespräch können sie Lösungen finden.“

Das gilt nach den Workshops und den Begehungen zwar vor allem für den Umkreis der Schulen im Freihof und für deren Schulwege. Aber viele Vorschläge lassen sich auch auf andere Standorte übertragen, und die Erfahrungen aus dem jetzigen Fußverkehrs-Check fließen sicher in die gesamte Schulwegkonzeption der Stadt Kirchheim mit ein.

 

Empfehlungen des Fußverkehrs-Checks

Vier Punkte waren den Teilnehmern der Abschlussveranstaltung zum Fußverkehrs-Check rund um das Freihof-Areal besonders wichtig.

Plochinger Straße: Der Zebrastreifen in Verlängerung der Wollmarktstraße sollte um einige Meter stadtauswärts verlegt werden. Auch eine Furt für Radfahrer wird an dieser Stelle empfohlen. Die Querung könnte zusätzlich erhöht werden – ähnlich wie in der Alleenstraße am Alten Haus.

Paradiesstraße: Zwischen Ludwigstraße und Saarstraße fehlt eine gesicherte Möglichkeit, um die Paradiesstraße zu queren. Empfohlen wird ein Zebrastreifen in der Nähe der Austraße. Der Zebrastreifen sollte gut ausgeleuchtet sein und auf den Gehwegen über eine ausreichende Aufstellfläche verfügen.

Wollmarktstraße: Hier wird ein Verkehrsversuch vorgeschlagen. Zu den Zeiten des Schulbeginns wie auch des Schulendes könnte die Wollmarktstraße zu einer Schulstraße werden, in der allenfalls noch Anwohner mit dem Auto fahren dürfen. Sollte der Versuch zufriedenstellend verlaufen, könnte er mittels eines versenkbaren Pollers zur dauerhaften Einrichtung werden – sofern der Poller reibungslos funktioniert.

Herdfeldstraße: Als Schulachse soll sie eher dem Fuß- und Radverkehr dienen als dem Autoverkehr im Hol- und Bringdienst für Schulkinder. Autos lassen sich freilich nicht komplett aus der Herdfeldstraße verbannen, da sowohl Anwohner ein berechtigtes Interesse haben, dort zu fahren, als auch Menschen, mit eingeschränkter Mobilität, die an einer Trauerfeier in der Friedhofskapelle teilnehmen wollen. Um die „Eltern-Taxi“-Fahrten in der Herdfeldstraße zu reduzieren, ist an eine eigene Elternhaltestelle am Ziegelwasen gedacht – ähnlich wie an der Einmündung der Lauterstraße in die Plochinger Straße. Dort allerdings standen die Haltezeiten und deren komplizierte Beschilderung in der Kritik. vol