Ja ist denn schon wieder Vesperkirche? Nein, sie beginnt erst am 1. Februar in der Kirchheimer Thomaskirche. Doch die Heiligabendfeier im Diakonieladen erinnerte gleich in doppelter Weise daran und bot einen kleinen Vorgeschmack: Zum einen trugen die Schürzen der rund 15 Helferinnen und Helfer das Vesperkirchenlogo, zum andern saßen auch bei der Heiligabendfeier Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund zusammen. Es waren Klienten der Diakonischen Bezirksstelle und Mitglieder vom Kirchheimer „Team Gaiserplatz“ dabei, aber auch der einsame Senior, der Heiligabend im Vorjahr noch mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau feiern konnte. Ob Mensch mit Behinderung oder einsame Bildungsbürgerin, alle fühlten sich im Diakonieladen gleichermaßen wohl. Manche Gäste waren extra aus Dettingen, Ohmden und Weilheim hergefahren. Manche waren schon in den Vorjahren dabei und kannten und begrüßten sich, andere waren zum ersten Mal bei der fröhlichen Feier. „Ich hätte an Heiligabend nicht gewusst, wohin“, sagte ein dankbarer Besucher, den eine Mitarbeiterin der Diakonischen Bezirksstelle persönlich eingeladen hatte. „An Heiligabend zuhause allein ist nicht schön“, sagte ein anderer Gast. Manchen Besuchern war die „Location“ bereits vertraut, weil sie regelmäßig zum Mittagessen am Dienstag dorthin kommen.
An Heiligabend zuhause allein ist nicht schön.
Ein Gast der Feier
Ein fleißiges Helferteam hatte im Diakonieladen die Verkaufswaren zur Seite geräumt und Tische aufgestellt, an diesen wurden die Gäste bedient, aufmerksam wie im besten Restaurant. Zum Auftakt gab es Hefezopf, Stollen und Nusskuchen – die ersten beiden hatte Reinhard Eberst, Leiter der Diakonischen Bezirksstelle, gebacken. „Ich mache das gern“, sagte er. Er war wohl der einzige, für den die Feier auch ein wenig stressig war. Denn anders als in der Vesperkirche mit vielen „alten Hasen“ hatte er es mit einem ganz neu zusammengestellten Helferteam zu tun, das er zu koordinieren hatte. Doch er freute sich, dass sich nach dem Aufruf im Teckboten gut 20 Freiwillige gemeldet hatten – sogar ein paar mehr, als er unterbringen konnte.
Zum Team gehörte erstmals Familie Cappai aus Lenningen, mit Papa, Mama und dem 23-jährigen Sohn Leon war sie gleich dreifach vertreten. „Wir haben nicht gewusst, was auf uns zukommt“, sagte der Vater Angelo. „Aber es war richtig schön. Wir überlegen uns, das im nächsten Jahr erneut zu machen.“ Es sei ein Tipp der Schwägerin gewesen, sagte die Mutter Daniela, sie habe den Aufruf zur Mithilfe in der Zeitung gelesen und darauf hingewiesen.
Auf die Einladung der Diakonischen Bezirksstelle hin, hatten sich rund 40 Gäste angemeldet. Einzelne kamen noch spontan hinzu, deshalb wurde nochmals ein weiterer Tisch aufgestellt. „Wir rechnen damit und bestellen immer ein paar Essen mehr“, sagte Reinhard Eberst. Als Hauptgang gab es Ente mit Kartoffelklößen und Rotkraut. Das richtig leckere Essen wurde von Familie Hepperle, die in Kirchheim das Hotel und Gasthaus „Zum Rad“ und eine Metzgerei betreibt, gespendet.
Auch das Singen von Weihnachtsliedern hatte seinen ausgiebigen Platz, von Annerose Gerlach am Klavier und Silke Kromer mit der Flöte begleitet. Klassiker wie „Vom Himmel hoch“, „Es ist ein Roß entsprungen“ und „Stille Nacht“ standen im Vordergrund, doch auch das neuere „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen“ aus dem Jahr 1963 hatte seinen Platz – ein Lied, das manche vorher gar nicht kannten. „Das waren wirkliche Weihnachtslieder, kein Jingle Bells“, meinte eine ältere Dame zustimmend zur Liedauswahl.
Zwischen den Liedern gab es zwei nachdenkliche Kurztexte zu Weihnachten – zum Fest, an dem Gott zum „Mensch mit Haut und Haaren“ wird. Zum Fest, das in einer konfusen und kriegerischen Welt manchmal unpassend wirkt, aber immer gerade rechtzeitig zu kommen scheint. Zur realen Dunkelheit, die nicht geleugnet wird, aber nicht das letzte Wort hat.
„Ist das da vorne nicht der Oberbürgermeister?“, fragte eine Dame, und sie hatte völlig recht. Ganz entspannt und locker und mit viel Zeit ging Pascal Bader von Tisch zu Tisch, um sich mit den Gästen zu unterhalten und sein „Ohr am Volk“ zu haben. Statt einem Grußwort hatte er ein fetziges Klavierstück der Popgruppe Abba mitgebracht.

