Nach knapp zwei Jahren Bauzeit präsentiert sich die Kirchheimer Martinskirche am Sonntag, 22. September, wieder der breiten Öffentlichkeit. Zum Festgottesdienst, der um 10.30 Uhr beginnt, soll die Innensanierung so weit abgeschlossen sei, dass die Kirchheimer ihre Hauptkirche wieder „in Besitz nehmen können“, wie es Pfarrer Axel Rickelt ausdrückt. Einerseits geht es ihm dabei um „die Zentralkirche der evangelischen Kirche in Kirchheim“, andererseits aber auch um den „zentralen Raum der Stadt, nicht nur der Kirchengemeinde“.
Sein Kollege Jochen Maier ergänzt: „Jenseits der Sporthallen hat die Martinskirche zusammen mit der Stadthalle die größten Räume in der ganzen Stadt zu bieten.“ Deshalb soll die Kirche für vielfältige
Die neuen Lampen sehen alle, die neue Elektrik nicht.
Axel Rickelt über mehr oder weniger deutlich sichtbare Veränderungen
Veranstaltungen zur Verfügung stehen – „wenn auch nicht beliebig, sondern im kirchlichen Rahmen“. Die Pfarrer denken dabei an Konzerte, Vorträge, Lesungen oder Ausstellungen. Für Konzerte hat die Martinskirche künftig sogar einen Blüthner-Flügel im Angebot – eine von vielen Spenden, die die Kirchengemeinde im Zusammenhang mit der Innensanierung erhalten hat.
Rund drei Millionen Euro fallen für die Innensanierung an. Davon tragen die Gesamtkirchengemeinde 1,9 Millionen Euro und die Stadtkirchengemeinde 370.000 Euro. Weitere 100.000 Euro kommen von der Stiftung Martinskirche. Der Restbetrag muss über Zuschüsse und Spenden finanziert werden. Spenden werden auch über Fundraising-Aktionen gezielt eingeworben – angefangen mit den „200 Details“, für die sich, gegen eine entsprechende Spendensumme, symbolische Patenschaften übernehmen ließen, bis hin zu den „Stuhlpatenschaften“. Gerade bei den Stühlen sind noch gewisse „Restplätze“ verfügbar.
Mobile Kinderecke
Die Bestuhlung dürfte das auffälligste Merkmal sein: Die festen Bänke rücken in jeder Hinsicht in den Hintergrund. Im vorderen Teil, hin zum Altar, stehen künftig Stühle. Die Seiten bleiben frei, können bei Bedarf aber auch bestuhlt werden. „Für die verschiedenen Anlässe brauchen wir im Kirchenraum eine ganz andere Flexibilität als bisher“, stellt Jochen Maier fest. Besonders flexibel wird die „Kinderecke“: Sie hat keinen festen Standort mehr. Als mobile Einheit lässt sie sich jeweils dorthin „verpflanzen“, wo es dem Anlass entsprechend ideal passt.
Auch die Empore fällt auf: Oben hat sie neue Brüstungen erhalten, die luftiger und lichtdurchlässiger sind. Der Raum unter der Empore ist durch Glasscheiben abgetrennt. So lässt sich dieser Raum auch unabhängig von der Kirche als solche nutzen, beispielsweise als Café oder für Besprechungen. Einem besonders menschlichen Bedürfnis trägt der Raum ebenfalls Rechnung: Dort gibt es barrierefreie Toiletten. Der Kirchturm übrigens ist künftig nur noch von außen begehbar. Der Raum unter der Empore sollte keinen öffentlichen Turmzugang mehr haben.
„Raum der Stille“
Eine weitere Änderung ist der „Raum der Stille“. Er fällt im Kircheninneren zunächst einmal durch die lange Rampe auf, die in die ehemalige Sakristei führt. Als eine Art Kapelle soll dieser Raum für kleinere Formate zur Verfügung stehen, also für kleinere Konzerte, für Meditationen oder auch für eine goldene Hochzeit. Ansonsten aber können Kirchenbesucher dort gezielt Ruhe finden und auf den Klang der Stille hören.
Was den Raum auf eine ganz andere Art „öffnet“, ist das Wegfallen der Windfänge an den Eingängen. Der Kirchenraum wird dadurch ganz anders begehbar. Letzteres ermöglicht auch der Mittelgang, der die neuen Bankreihen teilt. Der Wunsch nach einem Mittelgang war im Vorfeld der Sanierung häufig genannt worden – unter anderem für einen feierlichen Ein- oder Auszug bei Hochzeiten. Ein weiterer vielfacher Wunsch hat mit dem Altargitter zu tun. Es sollte wieder seine Flügeltüren erhalten. Das Problem dabei war die Vorrichtung, um die Türen öffnen und schließen zu können. Gefunden wurde schließlich die Kompromisslösung, dass die Türen zwar angebracht werden, dafür aber dauerhaft geöffnet bleiben. Das hat eine ganz eigene Symbolik.
Was sehr viel weniger auffällt, ist die technische Erneuerung – obwohl sie ein wichtiger Grund für die Innensanierung war: „Heizung, Elektrik, Wasser- und Abwasserführung, das alles ist gar nicht so sichtbar“, meint Axel Rickelt und verdeutlicht: „Die neuen Lampen sehen alle, die neue Elektrik nicht.“ Jochen Maier ergänzt: „Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Vor der Sanierung war der Zustand der Elektrik sehr kritisch.“
Jetzt aber sei die gesamte Technik auf dem neuesten Stand. Das reicht von der Leinwand und dem Beamer für Präsentationen bis hin zur Beleuchtung, die alle Möglichkeiten für künftige Lichtinszenierungen bietet. Eine ganz spezielle und sehr stimmungsvolle Beleuchtung ist einer privaten Spende zu verdanken: In die Bänke lassen sich Kerzenständer einschrauben, sodass sich die Martinskirche auch gezielt in Flammenlicht tauchen lässt.
Eine kurze Übersicht über die Bauabschnitte
Die Gesamtsanierung der Martinskirche hat 2013 mit dem Dach begonnen. 2016 war die Außensanierung gefolgt. Mit der Innensanierung ist nun der dritte Bauabschnitt abgeschlossen. Was noch folgen soll, ist die umfassende Sanierung der Orgel. Für diesen möglichen vierten Bauabschnitt gibt es aber noch keinen Zeitplan. vol