Neubau
Ein Hallenbad für 36 Millionen Euro?

Belastbare Zahlen sagen nicht nur hohe Investitionskosten für ein Kirchheimer Hallenbad voraus, sondern auch ein jährliches Defizit von über zwei Millionen Euro. Die Planungen gehen vorerst weiter.

Sollte die Stadt Kirchheim bis 2030 ein neues Hallenbad bauen, wäre als Standort dafür der Eingangsbereich des Freibads vorgesehen. Die Kombination von Hallenbad und Freibad wäre ein Alleinstellungsmerkmal für Kirchheim.       Foto: Carsten Riedl

Jetzt liegen Zahlen auf dem Tisch, und diese Zahlen wurden als belastbar präsentiert: Ein Hallenbadneubau in Kirchheim, am Standort des Freibadeingangs, würde gut 36 Millionen Euro kosten. Die Investition in den Bau wäre es aber nicht allein, was es finanziell zu stemmen gäbe. Wegen der notwendigen Kreditaufnahmen kämen auf Jahre und Jahrzehnte hinaus hohe Zinsbelastungen hinzu. Außerdem ließe sich dieses Hallenbad nicht wirtschaftlich betreiben: Die Zahlen weisen ein jährliches Minus von 2,15 Millionen Euro aus.

Im Gemeinderat ging es zunächst einmal nur darum, die Kos­ten zur Kenntnis zu nehmen. Erst Ende 2024 soll es zum entscheidenden Schwur kommen. Dann nämlich steht die Frage an, ob Kirchheim gegen Ende des Jahrzehnts tatsächlich ein Hallenbad bauen will oder nicht. Bis dahin hat die Stadtverwaltung Zeit, Zahlen und Fakten zu unterschiedlichen Varianten vorzulegen.

Unstrittig sind das Schwimmerbecken, das Lehrschwimmbecken und der Kleinkindbereich. Als wünschenswert erscheint ein zusätzliches Sprungbecken. Vor allem um dieses Sprungbecken dürfte es gehen: Was die Investitionskosten betrifft, wäre ein Hallenbad ohne Sprungbecken auf jeden Fall günstiger. Und wenn es dieses vierte Becken nicht gibt, fallen dafür auch keine Unterhaltskosten an. Andererseits steigert die Möglichkeit, sich aus unterschiedlichen Höhen ins Wasser stürzen zu können, die Attraktivität eines neuen Hallenbads erheblich – was entsprechende Auswirkungen auf die Besucherzahlen haben dürfte.

Zur „Besuchswahrscheinlichkeit“ lieferte Detlef Jarosch vom Büro „Project M“ mit Standorten in Hamburg und München dem Gemeinderat Zahlen. Zu rechnen wäre demnach mit jährlich 64.000 zahlenden Gästen im Hallenbad. Hinzu kämen 104.000 Besucher des Freibads, sodass beide Bäder zusammen jährlich im Schnitt auf 168.000 Gäste kämen.
 

Eine Sauna gehört nicht zum „Kirchheimer Bedarf“

Detlef Jarosch nannte auch den „Kirchheimer Bedarf“, wie er sich aus derselben Umfrage errechnen lässt. Zum Sport- und zum Lehrschwimmbecken sowie zum Eltern-Kind-Bereich zählen demnach noch ein attraktiver Außenbereich – den das Freibadgelände bieten könnte – sowie eine Art Bistro. Parkplätze oder auch Bus­haltestellen waren ebenso gewünscht wie möglichst lange Öffnungszeiten. Weniger gefragt war ein Sauna- und Wellness-Angebot.

Die Kombination von Hallenbad und Freibad bezeichnete Detlef Jarosch als ein künftiges Alleinstellungsmerkmal für Kirchheim – auch wenn für das Hallenbad vorgesehen wäre, dass es im Juli und im August geschlossen bleibt. Die möglichen Öffnungszeiten variieren stark: Je nach Wochentag läge der Beginn zwischen 8 und 11 Uhr, der Badeschluss wiederum zwischen 16.30 und 22 Uhr. Mittwochs bliebe das Bad dem Schul- und Vereinssport vorbehalten.

Sieben Kommunen aus dem Umland haben ihr Interesse signalisiert, sich mit Einheiten im künftigen Kirchheimer Bad „einzukaufen“. Die Einnahmen daraus würden sowohl die Betriebs- als auch die Finanzierungskosten decken helfen. Eine direkte Beteiligung der Nachbarkommunen an der Investition ist nicht vorgesehen. Was dagegen möglich wäre, ist ein Sponsoring, wie man es von den großen Fußball-Arenen kennt: Gegen einen gewissen Betrag könnte ein Unternehmen Namenspatron für das Hallenbad werden. Fördermittel von Bund oder Land scheint es derzeit nicht zu geben.

Die Gemeinderatsmitglieder zeigten sich von den hohen Kos­ten nicht sehr angetan – zumal es noch andere Projekte in der Stadt gibt, die finanziert sein wollen. „Das Kornhaus muss vorher saniert sein“, sagte Oberbürgermeister Pascal Bader​​​ zur zeitlichen Priorisierung ​von Kornhaus und Hallenbad. Marc Eisenmann (SPD) sagte zur Deckung des Abmangels, dass diese nach Möglichkeit aus Überschüssen der Stadtwerke erfolgen sollte.

Ulrich Kübler (Freie Wähler) brachte einen Bürgerentscheid zum Hallenbadneubau ins Spiel, was aber nur auf wenig Gegenliebe stieß. Wenn, dann müssten Gegner des Hallenbads diesen Entscheid einfordern, falls der Gemeinderat Ende das Jahres tatsächlich den Grundsatzbeschluss für den Bau fassen sollte.

 

Harakiri für den Haushalt

Kommentar von Andreas Volz zu Wunsch und Realität beim Hallenbad

Ein Hallenbad für Kirchheim wäre mehr als wünschenswert, das steht außer Frage. Es wäre wichtig für alle Vereine, die sich dem Schwimmen, dem Wasserball, dem Tauchen oder der Lebensrettung widmen. Es wäre wichtig für die Schulen, um Schwimmen als einen besonderen Teil des Sportunterrichts anbieten zu können. Und auch für Familien mit Kindern wäre es wichtig – einerseits zur frühzeitigen Wassergewöhnung und andererseits für Schwimmkurse, die unabhängig vom Wetter und von der Jahreszeit stattfinden könnten. Nicht zuletzt haben auch die Umlandkommunen Bedarf für ihren Schul- oder auch Vereinssport.

Derzeit kann Kirchheim noch das Dettinger Hallenbad mitbenutzen. Sollte der Neubau in Kirchheim kommen, würde sich das umkehren: Dettingen könnte dann in Kirchheim kostenpflichtig Schwimmstunden buchen, wie auch sechs weitere Umlandgemeinden. Die Lösung mit dem Dettinger Bad ist aber keine dauerhafte, weil dieses Bad in die Jahre gekommen ist und weil es deshalb nach 2030 eigentlich gar nicht mehr zur Verfügung steht.

Was also spricht gegen ein neues Hallenbad in Kirchheim? Die Kosten. Und die sprechen leider massiv dagegen. Wenn die Investition über Kredite finanziert wird, belasten Zins und Tilgung den städtischen Haushalt auf Jahre hinaus – zusätzlich zum jährlichen Abmangel von mehr als zwei Millionen Euro. So wünschenswert ein Hallenbad wäre: Die Stadt kann es sich finanziell nicht wirklich leisten. Es wäre Harakiri für den Haushalt.