Musik
Ein Konzert für Samuel Kummer

Im Gedenken an den im April verstorbenen ehemaligen Kirchheimer Bezirkskantor spielte seine Frau Irena Budryte-Kummer in der Martinskirche ein beeindruckendes Orgelkonzert.

Ein stilistisch weit gefächertes Programm präsentierte Irena Budryte-Kummer in der Kirchheimer Martinskirche.  Foto: Rainer Kellmayer

Beim „Orgelkonzert im Gedenken an Samuel Kummer“ füllten neben filigranen, in durchsichtigen Pastellfarben gemalten Partien auch gewaltig auftrumpfende Klangblöcke den Raum der Kirchheimer Martinskirche. „Samuel Kummer hat hier große Spuren hinterlassen“, zollte Bezirkskantor Ralf Sach seinem Amtsvorgänger Respekt, der von 1998 bis 2005 die Kirchenmusik an der Martinskirche geprägt hat.

2005 machte der 1968 in Stuttgart geborene Kummer einen Karrieresprung: Er wurde zum ers­ten Organisten der wieder aufgebauten Dresdner Frauenkirche berufen. Doch nach sehr erfolgreichen Jahren gab es Querelen mit seinem Arbeitgeber, der Stiftung Frauenkirche Dresden, die Samuel Kummer im Jahr 2022 – nach 17-jähriger Tätigkeit in der Elbmetropole – gekündigt hat. Dies traf den genialen und sensiblen Musiker bis ins Mark. Die Nachricht von Samuel Kummers plötzlichem Tod erschütterte im April 2024 die Musikwelt.

Im Gedenken an ihren Mann spielte die aus Litauen stammende Organistin und Hochschullehrerin Irena Budryte-Kummer in der Martinskirche ein stilistisch weit gefächertes Programm, dessen Spannungsbogen sich vom Barock bis in die Neuzeit erstreckte. Samuel Kummer, der ein vorzüglicher Improvisator war, hat einmal gesagt, seine Orgelimprovisationen seien „ein Geschenk an den Augenblick“.

Doch gelegentlich hat er seine musikalischen Gedanken auf dem Notenblatt festgehalten, beispielsweise im Choralvorspiel zu Martin Luthers „Mit Fried und Freud ich fahr dahin“. Irena Budryte-Kummer gab der kunstvollen harmonischen Untermalung des Cantus firmus durch eine differenzierte Registrierung reizvolle Couleur: farbig schillernd und beeindruckend in der Transparenz des Notengeflechts.

Den Konzertabend eröffnet hatte Johann Sebastian Bachs „Präludium und Fuge a-Moll“. Beim über mächtigen Orgelpunkten pulsierenden Laufwerk der Einleitung bestach Budryte-Kummer durch die virtuose Beherrschung des Notentextes, und in der Verarbeitung der verspielten Fugenthemen machte die präzise Fingerarbeit der Organistin das Stimmgeflecht durchsichtig: Die komplexen Melodiestränge waren für den Hörer klar nachvollziehbar.

Der in Kirchheim wohnende Musiker Valery Katsnelson, ein Freund der Familie Kummer, widmete dem verstorbenen Orgelmeister „Ich gedenke Samuel“ – eine Komposition mit gewagten harmonischen Durchgängen und einer schlichten Melodie, die die Seele der Zuhörer berührte.

Auch Lucija Garutas „Meditation“ und Aivars Kalejs’ „Via dolorosa“ waren geprägt von einer modernen Tonsprache, die Budryte-Kummer meisterhaft und mit feinem Gespür für differenzierte Klangfarben umsetzte. Ganz in ihrem Element war die Organistin in Julius Reubkes „Sonate über den 94. Psalm“ – einem romantischen Werk, bei dem Irena Budryte-Kummer alle Register zog.

Die romantische Anlage mit ihren volltönenden Aktionen beeindruckte, und der Kontrast mit den weich gesetzten Partien gab dem Ganzen Kontur. Dabei nutzte die Organistin die dynamische Skala vom zartesten Pianissimo bis zum dröhnenden Forte voll aus: Man hörte eine mustergültige Interpretation, die in den Schichtungen und Spannungsverläufen überzeugend gelang.

Das Publikum überschüttete die Solistin mit Beifall, und als Dankeschön spielte Irena Budryte-Kummer auf dem Flügel im Altarraum noch zwei Walzer von Frédéric Chopin.