Kirche
Ein weißer Schal als Zeichen der Würde

Die Kirchheimer Aktionsgruppe Maria 2.0 zeigt ihre Solidarität mit dem weltweiten Streikaufruf des „Catholic Woman’s Council“ – mit Beteiligung, einem großen Transparent und mit weißen Schals. 

Die Aktionsgruppe Maria 2.0 bei ihrer Solidaritätsaktion vor der Kirche St. Ulrich, die ausgegebenen weißen Schals erinnern an die Taufe, bei der vor Gott alle Menschen gleich sind. Foto: Peter Dietrich

Was wäre in der Kirche los, wenn die Frauen streiken würden? Nur noch ziemlich wenig. Sind es doch die Frauen, die an ganz vielen Stellen – neben dem Heiligen Geist – den Betrieb am Laufen halten. Um das anschaulich zu zeigen, hat ein weltweiter Zusammenschluss von Frauen in der Katholischen Kirche mit dem Namen „Catholic Women’s Council“ für die diesjährige vorösterliche Fastenzeit zu einem Streik aufgerufen: Frauen sollen der Kirche ihre Zeit, Arbeit und ihr Geld einmal vorenthalten. Denn noch immer dürfen Frauen in der Katholischen Kirche nicht gleichberechtigt mitentscheiden, bleiben ihnen sakramentale Ämter wie Diakon und Priester sowie Führungspositionen versagt. Sie werden mit vagen Versprechungen abgewimmelt oder mit dem Hinweis, mögliche Veränderungen könne es in der Römisch-Katholischen Kirche nur weltweit gleichzeitig geben – also eher nie.

Transparent statt Streik

Die Gruppe rund um das vierköpfige Leitungsteam, bestehend aus Ulrike Weber-Böhret, Uschi Flaig, Andrea Großmann und Kerstin Wacha hat sich aber statt für einen Streik für eine andere Form des Protests entschieden. Sie stand mit einem großen Transparent vor Gottesdienstbeginn vor der Kirche St. Ulrich. Dort gab die Gruppe weiße Schals aus, die Frauen trugen auch selbst welche. „Die weißen Schals erinnern an das Taufkleid“, erläuterte Uschi Flaig. „Daran, dass wir alle in der Taufe die gleiche Würde haben.“ Sie werde durch die Schals auch an das Priestergewand erinnert, sagte eine der Mitstreiterinnen.

Wer als Besucher wollte, konnte im Gottesdienst als Zeichen der Solidarität einen der weißen Schals tragen. Dies gilt auch in der kommenden Zeit, in St. Ulrich und Maria Königin werden die Schals weiterhin gut sichtbar zur Selbstbedienung in der Kirche hängen. Die Aktionsgruppe traf bei Gottesdienstbesuchern auf große Zustimmung.

Weltweites Verlangen nach Gleichberechtigung

Mit einer Begrüßung und in den Fürbitten wirkte die Aktionsgruppe nach der „Demo“ im Gottesdienst in St. Ulrich mit. Sie erinnerte daran, dass Jesus selbst Maria Magdalena und anderen Frauen den Auftrag gab, die Botschaft der Auferstehung in der Welt zu verbreiten. Inzwischen hätten Frauen auf allen Kontinenten den Mut gefunden, ihre Verletzungen im Machtapparat der Katholischen Kirche zu benennen. Es sei nicht so, wie oft behauptet werde, dass nur die Frauen in der nördlichen Welt nach Gleichberechtigung und Würde verlangten. Das Verlangen sei weltweit und die Frauen würden nicht länger schweigen.

„Wir sind noch in der Kirche, obwohl es uns schwerfällt“, sagte Andrea Großmann. Das Vertrauen der Frauen in die klerikalen Männer in der Kirchenleitung ist nur noch gering – auch wenn es, wie sie betonen, positive Ausnahmen gebe. Schade sei, dass die stille Sympathie mancher Kirchenmänner für die Anliegen von Maria 2.0 nicht nach außen dringe, dass manche Männer aus Furcht schweigen. Der „Druck im Kessel“ müsse bestehen bleiben, ist Uschi Flaig überzeugt. Eine Hoffnung richtet sich auf Kirchenmänner kurz vor dem Ruhestand, die auf Erden und in der kirchlichen Hierarchie nichts mehr zu verlieren haben und ohne große Angst vor Konsequenzen mutige Schritte wagen könnten – etwa mit der Weihe von Frauen zum Diakon. Dass der frühere Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart diese Chance vor seinem Ausscheiden aus dem Amt nicht genutzt hat, hat Frauen und reformwillige Männer enttäuscht.

Von St. Ulrich zu Maria Königin

„Es ist wichtig, dass ihr dranbleibt“, zitierte Uschi Flaig eine Stimme von außen zu Maria 2.0. Das hat die Kirchheimer Aktionsgruppe auch vor. So blieb sie am Sonntag gleich mal dran und zog von St. Ulrich zum zweiten Gottesdienst in Maria Königin weiter.