Sprachvermittlung
Eine kulturelle Brücke entsteht

Der arabisch-deutsche Kulturverein „Tawasul“ hat eine Sprachschule eröffnet. Der Kirchheimer Verein will Bindeglied zwischen deutscher und arabischer Kultur sein.

Asem Almasry unterrichtet samstags Arabisch – als Teil des Angebots, mit dem der Kirchheimer Verein „Tawasul“ eine Brücke zwischen deutscher und arabischer Kultur schlagen will.   Foto: Florian Stegmaier

Es ist Samstagvormittag. In der arabischen Sprachschule herrscht Hochbetrieb. Konzentriert folgen die Kinder und Jugendlichen den Ausführungen an der Tafel. Acht Klassen lernen parallel, gestaffelt nach Sprachniveau. Ein Alphabetisierungskurs führt in die arabische Schrift ein. Andere Gruppen bewegen sich auf Konversationsniveau. Dann läutet die Lehrerin mit einer Glocke: Pause!

Es wird turbulent. Nicht weniger als 85 Schülerinnen und Schüler kommen in Bewegung. „Und wir haben noch eine lange Warteliste“, betont Asem Almasry. Almasry ist Teil des Lehrerkollegiums. Wie die anderen Lehrkräfte opfert auch er seine Freizeit und unterrichtet ehrenamtlich. An der Universität im syrischen Homs hat er auf Lehramt studiert. Dank eines Ausbildungsprogramms der PH Weingarten, das geflüchtete Lehrkräfte ins deutsche Schulwesen integriert, unterrichtet er Englisch und Sport in Deutschland.

Die Sprachschule ist ein Angebot des arabisch-deutschen Kulturzirkels „Tawasul“. Das arabische Wort steht für Kommunikation, Begegnung und Verständnis. Erst vor einem Jahr wurde der gemeinnützige Verein mit Sitz in Kirchheim gegründet. In kurzer Zeit haben seine Mitglieder eine Menge auf die Beine gestellt. Seit Anfang des Jahres verfügt Tawasul über eigene Räumlichkeiten in der Kirchheimer Tannenbergstraße. Die im September eröffnete Sprachschule schließt eine kulturelle Lücke, die bezeichnend für migrantische Familien ist: „Wegen des Kriegs haben syrische Kinder keinen Bezug mehr zu ihren Wurzeln“, erklärt Ali Mansoor, „deshalb wollen wir ihnen unsere Kultur näherbringen“. Einige Kinder kommen eigens aus Göppingen und Esslingen in die Teckstadt.

Mansoor gehört zum Vereinsvorstand. Auch er musste wegen des Bürgerkriegs fliehen. Seit zehn Jahren lebt der Ingenieur in Kirchheim. Er und seine Frau Nahed sind vertraut mit den Hürden des Ankommens. Davon können Neuankömmlinge profitieren: „Ich habe neun Monate gebraucht, um mich über meinen Ausbildungsweg zu orientieren“, erinnert sich Nahed Mansoor, „jetzt kann ich anderen meine Erfahrung in einer Stunde weitergeben“.

Hilfe zur Selbsthilfe heißt das Prinzip. Es stärkt das migrantische Selbstbewusstsein, fördert die Integration und entlastet die kommunale Verwaltung. Künftig will Tawasul auch Deutschkurse anbieten, die arabische Migranten bereits während des Asylverfahrens besuchen können. Der Kulturverein ermöglicht informellen Austausch und leistet konkrete Hilfestellung: beim Ausfüllen von Formularen oder bei Behördengängen. Er versteht sich zudem als soziale Plattform. Sonntags treffen sich Erwachsene, um gemeinsam Arabisch zu lernen. Vorkenntnisse, Nationalität und kultureller Hintergrund spielen dabei keine Rolle: „Jeder, der Arabisch lernen möchte, ist bei uns herzlich willkommen“, sagt Almasry.

An Projekten und Perspektiven mangelt es den Ehrenamtlern nicht. Nachhilfestunden in Mathematik sind geplant. Ebenso ein ruhiger Platz zum Lesen und Lernen, an den sich Schüler unter der Woche zurückziehen können. „Wir wollen aktiver Teil der Zivilgesellschaft sein“ – das ist Ali Mansoor wichtig: „Mit unseren Aktivitäten möchten wir gegenseitiges Verständnis fördern, Stereotypen abbauen und als lebendige Brücke zwischen deutscher und arabischer Kultur fungieren.“ Über weitere Veranstaltungen informiert die Homepage des Vereins: www.tawasul-kirchheim.de.