Kunst
Existenzialismus mit einem Lächeln

Wolfgang Thiels Einzelausstellung in der Kreissparkasse Kirchheim zeigt Werke aus vier Jahrzehnten, die Lebensfreude mit Tiefgang vereinen. 

Thiel nutzt gerne verschiedene Materialien, um der Routine zu entgehen.  Foto: Florian Stegmaier

Als „Gesamtkunstwerker“ hatte Kurator Tobias Wall den Ausstellenden für sein facettenreiches Schaffen gewürdigt. In der Tat: Die Vielfalt, mit der Wolfgang Thiels Einzelausstellung in der Galerie der Kreissparkasse die Blicke lenkt, ist bemerkenswert. Arbeiten aus über 40 Jahren sind hier vereint.

Dabei decken die versammelten Grafiken, Gemälde und bildhauerischen Arbeiten in Holz, Bronze und Terrakotta noch keineswegs das gesamte Spektrum Thielscher Produktion ab. So ist der Künstler auch prominent im öffentlichen Raum vertreten. Thiels farbige Großkeramiken empfangen Reisende an der Degerlocher Stadtbahn. Und an der Endhaltestelle in Botnang steht seine markante Stahlplastik „P. P. L.“.

Doch es geht noch größer: Ganze Gartenlandschaften tragen seine gestalterische Handschrift. Thiel ist zudem Bühnenbildner, was vielen seiner Werke einen Hang zum Szenischen mitgibt. Stets stelle der Künstler die Frage nach dem Menschen in den Mittelpunkt, sagte Tobias Wall zur Einführung. „Wolfgang Thiel ist ein Existenzialist mit einem Lächeln auf den Lippen“. Häufig fielen Stichworte wie „Heiterkeit“ und „positive Energie“. Neonfarben und beschwingte Linienführung signalisieren Lebensfreude und machen Thiels Kunst breiten Publikumsschichten zugänglich.

Verweise auf bekannte Topoi der Kunstgeschichte tun ihr Übriges. Mit Seitenblick auf Matisse interpretiert Thiel das Motiv der drei Grazien: Harmonie und Lebenslust in tänzerischem Fluss. Wenn es darum gehe, schöne Hände zu modellieren, sei ihm die filigrane Kunst Tilmann Riemenschneiders Vorbild, verriet Thiel im Podiumsgespräch.

Das Ende einer Ära?

Der 1951 geborene Künstler lebt und arbeitet in Stuttgart und Plochingen. 1990 erhielt Thiel den Kunstpreis der Stadt Stuttgart. Von 1986 bis 1991 hatte er einen Lehrauftrag an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Mit einem emphatischen Bekenntnis zur Kunst hatte Burkhardt Wittmacher, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse, die gut besuchte Vernissage eingeläutet. Das klang nach kräftigem Rückenwind für den zukünftigen Galeriebetrieb im Neubau der Bank.

Ernüchternd sein Nachsatz: Auch im neuen Gebäude soll Raum für Kunst sein, jedoch „nicht so opulent“ wie bisher. So ist diese letzte Ausstellung in den gewohnten Galerieräumen vielleicht das Ende einer Epoche. Bis Anfang Mai haben Kunstfreunde noch Gelegenheit, die Werke von Wolfgang Thiel in einer Raumsituation zu sehen, die Ausdruck des hohen Stellenwerts ist, den die bildende Kunst in Kirchheim über Jahrzehnte innehatte.

Die Ausstellung „Wolfgang Thiel – rocken auf Socken“ ist bis Freitag, 2. Mai, in der Galerie der Kreissparkasse Kirchheim, Alleenstraße 160, zu sehen. Sie ist montags bis freitags von 9.30 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr geöffnet.