Es war die wesentliche Floskel: „Wieder einmal ...“ Und es war keine kritische Bemerkung im Sinne eines ewigen Einerlei. Im Gegenteil: Höchstes Lob schwang da mit und ein gewaltiges Maß an Respekt angesichts dessen, was sich „bei Feeß“ wieder einmal getan hat. Offiziell in Betrieb genommen wurde da eine CO2-Speicheranlage. Es ist die zweite Anlage ihrer Art in Deutschland – und die erste in Baden-Württemberg.
„Die Carbonatisierung von mineralischen Abfällen ist ein Quantensprung im Wertstoffrecycling“, sagte Senior-Chef Walter Feeß und erklärte gleich danach in verständlichen Worten, worum es dabei geht: „Baustoffe können künftig nicht nur dem Werkstoffkreislauf wieder zugeführt werden, sondern sie binden nun auch noch freies CO2.“ Was daran wirklich revolutionär ist: „Nicht nur Wälder haben damit künftig das Potential, zu CO2-Speichern zu werden, sondern auch Städte mit ihrer Infrastruktur, Wohngebäuden und Gewerbebauten.“
Was nicht zum „Wieder einmal …“ passt, ist die Zeit der Umsetzung: „Projektierung, Genehmigung und Bauzeit in rekordverdächtigen zehn Monaten“, betonte Walter Feeß, der sich zudem über eine Förderquote durch das Land Baden-Württemberg von rund 40 Prozent freuen konnte – und das bei einer Anlage, deren Investitionskosten bei über einer Million Euro liegen.
Es muss sich wirtschaftlich betreiben lassen
Nicht nur als Unternehmer, sondern vor allem als Vorreiter in Sachen Umweltschutz und „enkeltaugliche Zukunft“ ist es ihm wichtig, dass sich solche Anlagen auch wirtschaftlich betreiben lassen: „Ohne mehr Kreislaufwirtschaft, speziell bei der Aufbereitung von mineralischen Abfällen, können wir die 1,5-Grad-Klimaschutzziele nicht erreichen.“
Andre Baumann, Staatssekretär im Landesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, sagte anerkennend: „Das Unternehmen Feeß ist wieder einmal an der Spitze.“ In diesem Fall bezog er sich aufs „klimafreundliche Bauen, für das wir eine zukunftsfähige Betonwirtschaft brauchen“. Der Beton der Zukunft müsse anders werden als der Beton der Vergangenheit. Zur neuerlichen Pionierleistung bei Feeß sagte er: „Solche Anlagen müssen zum neuen ,Normal’ werden.“ Auch er forderte deshalb, dass aus dieser Art von Klimaschutz ein Geschäftsmodell werden könne: „Es sollte künftig begründungsbedürftig sein, wenn man keinen Recycling-Beton verwendet.“
Thomas Beißwenger, Geschäftsführer beim Industrieverband Steine und Erden (ISTE), setzt bei der neuen Carbonatisierungsanlage auf eine Art positiven Schneeballeffekt: „Für sich genommen mag diese Anlage vielleicht klein wirken. Aber viele kleine Schneeflocken können eine Lawine ins Rollen bringen, und viele kleine Wassertropfen ergeben gemeinsam einen Ozean.“ Insofern gehe es darum, „wieder etwas Innovatives bei Feeß zu eröffnen“, aber eben wieder in der Hoffnung auf Nachahmer und auf die entsprechende Breitenwirkung.
Ein Pionier wie Feeß ist das Schweizer Startup-Unternehmen Neustark, das die Anlage im Kirchheimer Recyclingpark gebaut hat. Dessen Gründer und Geschäftsführer Valentin Gutknecht setzt vor allem auf den Straßenbau, um carbonatisiertes Material einsetzen zu können. Außer den Anlagen brauche es jetzt auch Erzeuger von Biogas, die ihr CO2 zur Verfügung stellen, sowie auf CO2 spezialisierte Logistikunternehmen. Dadurch lasse sich sicherstellen, dass unvermeidbares CO2 auch tatsächlich dauerhaft in Abbruchmaterial gespeichert werden kann. Seine Schlussworte waren ein Appell, der hoffentlich nicht utopisch bleibt: „Machen wir uns gemeinsam auf die Reise für eine aussichtsvolle Zukunft aller Generationen auf unserem Planeten.“
Zahlen von Walter Feeß zur neuen Anlage
Die Anlage speichert – je nach Material – circa fünf bis 22 Kilogramm CO2 pro Tonne Abbruchbeton.
Tausend Tonnen CO2 kann sie demzufolge jährlich speichern.
50 Bäume würden ein Jahr dafür benötigen, um das zu tun, was die Carbonatisierungsanlage in Kirchheim in einer Stunde leistet.
200 Fußballfelder entsprechen der Fläche, die ein Wald haben müsste, um Ähnliches zu schaffen wie die neue Anlage in den Rabailen.
Etwa 100.000 Bäume müssten jedes Jahr neu gepflanzt werden, um die gleiche Menge CO2 binden zu können, wie es die Speicheranlage mit Abbruchmaterial fertigbringt.
20 Prozent des Stadtwalds müsste Kirchheim dafür jedes Jahr neu pflanzen. vol