Frau Holle hat wieder Einzug gehalten in Kirchheim – und auch der Winter schickt dazu seine Vorboten: Auch wenn sie selbst den Schneeersatz aus den Federbetten schütteln muss, passen die Temperaturen bereits zu einem richtig kalten Winterabend. Andere Vorboten sind die Hütten des Weihnachtsmarkts, die vor dem Rathaus aufgebaut werden. Die Handwerker aber benehmen sich so brav wie die Kinder, sodass Frau Holle bei ihrem Vortrag tatsächlich eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Gefallen ist indessen nur eine Spindel – und zwar in den Brunnen: Frau Holle erzählt zum Auftakt am 1. Dezember ihre eigene Geschichte. Es ist die Geschichte, die Kindern zeigt, wie Fleiß und freundliches Wesen wenigstens im Märchen belohnt werden, wenn auch nicht immer im richtigen Leben. Schließlich hat es die „goldene Jungfrau“, die die Arbeit sieht und dann auch gleich kräftig anpackt, nur bei Frau Holle wirklich gut. Zuhause ergeht es ihr deutlich schlechter: Sie wird als billige Arbeitskraft ausgenützt.
Die Kinder vor dem Rathaus machen ähnlich gerne mit wie die Goldmarie: Statt Betten zu schütteln, rufen sie an den richtigen Stellen „Ja“ oder „Nein“ – und auch bei der Lernzielkontrolle am Ende stellen sie unter Beweis, dass sie artig zugehört haben. Fehlt vielleicht doch noch der eine oder andere Fachbegriff, helfen die Erwachsenen jederzeit gerne nach.
Geduldig warten die Kinder vor der offenen Rathaustür darauf, dass Frau Holle nach unten kommt. Erst beim Austeilen der goldenen Schokotaler muss die Märchenfrau ihr ganzes pädagogisches Geschick anwenden: Vor den großen Kindern sollen erst einmal die kleineren drankommen. Drängeln bringt nichts, und einen zweiten Taler holen – „das tut man nicht“. Eine Moral kennt also nicht nur die Geschichte, die Frau Holle vorliest, sondern auch das Ende der Lesestunde, und das jeden Tag ab 17.30 Uhr – bis Heiligabend, 11 Uhr.

