Ukraine-Krise
Friedensexperte sieht für Ukraine Chance auf eine Brücke zwischen Ost und West

Clemens Ronnefeldt sprach in Kirchheim über die Möglichkeit, den Krieg mit Russland „einzufrieren“.

Der Friedensexperte Clemens Ronnefeldt sprach im Gemeindehaus St. Ulrich in Kirchheim. Foto: Florian Stegmaier

Kirchheim. In Berlin ist die Ukraine-Aufbaukonferenz zu Ende gegangen, die Schweiz lädt zur Friedenskonferenz, der G7-Gipfel gewährt Kredit in zweistelliger Milliardenhöhe. Das globale Ringen um die Ukraine scheint wie ein Tauziehen zwischen Kräften, die vom

 

Zwingt man die Ukraine, sich zu entscheiden, wird es das Land zerreißen.
Clemens Ronnefeldt

 

Wiederaufbau des Landes profitieren, und denjenigen, die an Waffenlieferungen verdienen. Können diplomatische Strategien friedensstiftend greifen?

Auf Einladung der Friedens­initiative Kirchheim sprach Clemens Ronnefeldt im katholischen Gemeindehaus von St. Ulrich über Friedenspläne für die Ukraine. Ronnefeldt ist Referent des Internationalen Versöhnungsbundes, der für eine Kultur der Gewaltfreiheit eintritt.

Seiner These zufolge habe die Ukraine das Potenzial, als Brücke zwischen Ost und West zu fungieren: „Zwingt man das Land, sich für eine Seite zu entscheiden, wird das die Ukraine zerreißen.“ Seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs fehle es nicht an diplomatischen Friedensbemühungen. Obwohl sich im März 2022 beide Seiten nähergekommen waren und die Ukraine signalisiert hatte, einen neutralen Status zu akzeptieren, scheiterten die Verhandlungen in Istanbul. Geopolitisch sei der Westen interessiert, Russland als Juniorpartner Chinas zu schwächen. Auch die ukrainischen Rohstoffvorkommen sollten nicht in russische oder chinesische Hände fallen.

 

Skeptischer Blick auf Konferenz

Im Februar 2023 schlug der brasilianische Präsident da Silva eine Vermittlung Brasiliens und Chinas zur Beendigung des Krieges vor. Gerade die Länder des globalen Südens könnten im Friedensprozess eine tragende Rolle spielen. Denn aufgrund drastisch gestiegener Energiepreise hätten sie seit Ausbruch des Krieges einen ungleich größeren Leidensdruck. Anders als der italienische Vier-Stufen-Plan, der das Ergebnis im Vorfeld festschreiben wollte, sei der chinesische Friedensplan vom Februar 2023 bewusst offen gehalten, um die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen und Lösungen erarbeiten zu lassen. Im Hinblick auf die derzeitige Schweizer Friedenskonferenz zeigte sich Ronnefeldt skeptisch: „Bei diesem Treffen werden noch nicht die Gespräche geführt, die zu einem Ausgleich führen.“

Ziel der Zusammenkunft sei, sich der westlichen Rückendeckung zu versichern, um Russland zu beeindrucken. Seine Hörer ermutigte Ronnefeldt, ukrainische Geflüchtete zu unterstützen. Es gelte, Politiker zu stärken, die gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörper eintreten. Politisch Verantwortliche müssten überzeugt werden, dass ein „Einfrieren“ der Front im Sinne der ukrainischen Bevölkerung sei: „Jeder Mensch, der jetzt noch stirbt, ist ein Mensch zu viel!“