Führung
Kinder können das Kirchheimer Schloss stürmen

Speziell für Kinder im Grundschulalter ist eine Begehung der Prunkräume gedacht, bei der es um den Alltag von Prinzen und Prinzessinnen geht. Die erste dieser Touren startet am nächsten Samstag.

Im Hof dürfen die Kinder noch rennen und toben – anders als vor 200 Jahren.             Foto: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Kinder im Grundschulalter können jetzt das Leben in einem Schloss kennenlernen: Unter dem Titel „Einmal Prinz oder Prinzessin sein“ bietet das Kirchheimer „Schlossteam“ erstmals am Samstag, 10. Mai, eine spezielle Kinderführung an. Entwickelt von zwei Kindergarten-Erzieherinnen, geht diese Führung speziell auf die Bedürfnisse und die Fragestellungen von Kindern ein. Es geht vor allem um den Alltag im Schloss, auch um den Alltag der fünf Kinder von Herzogin Henriette, die ab 1811 im Kirchheimer Schloss aufwuchsen.

Die Schule kommt ins Schloss

Der Tagesablauf erscheint zunächst einmal nicht sehr viel anders als der von heutigen Kindern: Auf dem Programm der jungen Adligen stand Unterricht. Wichtig waren außer Religion, Geschichte, Geographie, Schreiben, Rechnen und Französisch auch praktische Fertigkeiten – im Klavierspielen, Singen, Zeichnen oder Tanzen. Eins dagegen gab es für Mädchen nicht: Sport. Die vier Töchter Henriettes schauten allenfalls gemeinsam mit der Mutter zu, wie der jüngere Bruder Alexander sich im Turnen, Ringen oder im Weitsprung übte. Ein wichtiger Unterschied im Schloss: Die Kinder mussten nicht in irgendeine Schule gehen. Sie wurden zuhause unterrichtet.

Das richtige, würdevolle Gehen wird bei der Führung geübt, indem ein Buch auf dem Kopf balanciert werden muss.       Foto: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Wenn es gerade keine Feste oder Konzerte gab, bestand die Abendunterhaltung im Schloss immer wieder auch aus Spiele­abenden. Ohne Fernsehen oder Internet konnte man sich beispielsweise mit gemeinsamen Kartenspielen beschäftigen.

Die „Etikette“ steht über allem

Aber nicht nur theoretisch lässt sich bei der Kinderführung lernen, wie das Leben im Schloss vor über 200 Jahren ausgesehen hat. Die Grundschulkinder dürfen auch praktisch ausprobieren, was sich unter „Etikette“ verstand: So üben sie gemeinsam, auf der Treppe nicht etwa zu gehen, sondern zu „schreiten“. Den besonders aufrechten Gang lernen sie, indem sie ein Buch auf dem Kopf balancieren. Und statt dass es plump „Hoch die Tassen“ heißen würde, geht es darum, die Tässchen zierlich und mit abgespreiztem kleinen Finger in die Hand zu nehmen. Natürlich spielen auch der „Diener“ und der „Hofknicks“ eine Rolle.

Auf der Treppe im Schloss geht es für die Kinder darum, nicht zu gehen, sondern zu schreiten.       Foto: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

„Toilette“ bedeutete damals im Schloss alles andere als das heutige WC: Zwar erfahren die Kinder bei der speziellen Führung auch, was ein Nachttopf oder ein Nachtstuhl sind. Generell jedoch würden heutige Besucher ein modernes Badezimmer vergeblich suchen im biedermeierlichen Schloss. Stattdessen gab es Waschtische mit Waschschüsseln. Aber der Begriff „Toilette machen“ bezog sich auf das Ankleiden im entsprechenden Zimmer, in dem wohl auch der Waschtisch stand.

Die Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren kleiden sich dagegen schon vor der Führung an. Für Mädchen gibt es Kleider sowie Hauben als passende Kopfbedeckungen. Für Jungs stehen Fräcke und Zylinderhüte zur Verfügung. Was dagegen nicht auf dem praktischen Programm steht, ist das aufwendige Frisieren für die Mädchen: Dazu gibt es lediglich die theoretische Anschauung.

Zum Schluss folgt die „Krönung“

Am Ende der Führung dürfen die Kinder aber noch basteln und kleben: Sie können ihre eigenen Fächer oder auch ihre eigenen Kronen gestalten. Zumindest das Krönchen dürfte der Inbegriff dessen sein, was „echte“ Prinzen und Prinzessinnen ausmacht.

 

Termine der Kinderführungen und Öffnungszeiten des Kirchheimer Schlosses

Die Kinderführungen im Kirchheimer Schloss gibt es an den folgenden Samstagen, jeweils um 14.30 Uhr: 10. Mai, 28. Juni, 5. Juli, 20. September und 11. Oktober. Es ist auch möglich, an anderen Terminen – jeweils freitag- oder samstagnachmittags – privat eine solche Führung zu buchen, für Kindergeburtstage. Anmeldungen dafür sind möglich bei der Schlossverwaltung in Tübingen-Bebenhausen unter der Telefonnummer 0 70 71/60 28-02.

Die „normale“ Saison im Schloss hat jetzt ebenfalls begonnen. Mittwochs und samstags hat das Kirchheimer Schloss von 14 bis 17 Uhr geöffnet, an Sonn- und Feiertagen von 13.30 bis 17.30 Uhr. In dieser Zeit beginnen die öffentlichen Führungen, die etwa 50 Minuten dauern, normalerweise zu jeder vollen Stunde. Eine Anmeldung zu diesen Führungen ist nicht erforderlich. Private Gruppenführungen lassen sich unter der oben genannten Telefonnummer in Bebenhausen vereinbaren.

Sonderführungen gibt es außerdem von Anfang Mai bis Anfang November. Dazu gehören, außer der Kinderführung, auch Petra Weigands Laternenrundgang durch die Kasematten, die Führung „Von der Mätresse zur Reichsgräfin“, bei der Sandra Ontyd als Franziska von Hohenheim auftritt, sowie eine Führung mit Stefanie Mayer und Runa Singer, die als fiktive zeitgenössische Gäste Herzogin Henriette als „Urgroßmutter Europas“ vorstellen.

Weitere Details zu allen Führungen gibt es unter schloss-kirchheim.de im Internet.     vol