Verbrechen
Kirchheim bleibt ein sicheres Pflaster

Revierleiter Jürgen Ringhofer stellt im Kirchheimer Gemeinderat die Kriminalitätsstatistik für 2023 vor. Großen Wert legt er auf die richtige Interpretation der Zahlen – und auf Prävention.

Regelmäßig ist die Polizei auf Einbruch-Präventions-Streife unterwegs. Dabei suchen die Beamten nach Schwachstellen und klären die Bewohner darüber auf – möglichst bevor irgendwelche Einbrecher dieselben Schwachstellen erkennen.   Archivfoto: Jean-Luc Jacques

Eine Statistik ist nicht nur vorzulegen, sondern auch richtig einzuschätzen. Auf diese Aussage legt Jürgen Ringhofer, der Leiter des Polizeireviers Kirchheim, größten Wert – vor allem dann,
 

Jedes gekippte Fenster ist eine Steilvorlage für Einbrecher.

Jürgen Ringhofer rät zu Vorsicht und Prävention.

 

wenn er Statistiken vorlegt. Im Kirchheimer Gemeinderat ging es unter anderem um die Kriminalitätsstatistik von 2023, und zwar im Vergleich mit den Vorjahren sowie im Vergleich mit Umlandgemeinden und mit dem Landesdurchschnitt.

Der zentrale Wert dabei ist die Häufigkeitszahl. Diese errechnet sich aus der Zahl der Fälle, die mit 100.000 multipliziert und anschließend durch die Zahl der Einwohner geteilt wird. In der Stadt Kirchheim lag sie 2023 bei 5042, gegenüber 5108 im Jahr zuvor. In ganz Baden-Württemberg lag die Zahl 2023 „nur“ bei 4952. Ist Kirchheim damit „sicherer“ geworden gegenüber 2022? Und ist Kirchheim „gefährlicher“ als das Land?

„Die Zahlen müssen interpretiert werden“, sagt Jürgen Ringhofer und nennt als Beispiel Leinfelden-Echterdingen. Dort sei die Häufigkeitszahl deutlich höher, und dafür gebe es auch einen guten Grund: den Flughafen. Trotzdem ist der Flughafen kein Hort der Kriminalität. Es ist nur so, dass sich wegen des Flughafens jeden Tag sehr viel mehr Leute auf der Gemarkung von Leinfelden-Echterdingen bewegen als irgendwo sonst im weiten Umkreis – zumindest im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Und wo mehr Leute sind, erhöht sich aus rein statistischen Gründen die Zahl der Straftaten, auch ohne dass sich der prozentuale Anteil deswegen ändert.

Dass die Häufigkeitszahl in der Stadt Kirchheim zuletzt gesunken ist, heißt nicht automatisch, dass die Zahl der registrierten Straftaten abgenommen hat. Im Gegenteil: 2023 waren es sogar 21 mehr als 2022. Weil in der gleichen Zeit aber die Zahl der Einwohner um 963 zugenommen hat, ist die Häufigkeitszahl eben kleiner geworden.

Ein weiteres Beispiel: 2023 ist die Zahl der weiblichen Tatverdächtigen gegenüber 2022 um 7,8 Prozent gestiegen, die der männlichen Tatverdächtigen dagegen nur um 0,4 Prozent. Werden Frauen demnach immer krimineller? Diese Aussage lässt sich aus den Zahlen trotz allem nicht herauslesen, denn mit 807 im Vergleich zu 236 Tatverdächtigen haben die Männer immer noch einen beachtlichen „Vorsprung“. 

Der Corona-Effekt hält noch an

Außerdem haben sich im Vergleich zu 2019 in beiden Fällen die Zahlen reduziert – weil es eben insgesamt 2019 etwas mehr Straftaten gab als 2023. Jürgen Ringhofer führt das auf den Corona-Effekt zurück: „Wenn alle zu Hause sind, gibt es auch weniger Kriminalität, weil für viele Delikte die Gelegenheit fehlt.“ Trotz des leichten Anstiegs der Fälle im Jahr 2023 sei das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht.

Auch die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist im Steigen begriffen – was Jürgen Ringhofer eben auch darauf zurückführt, dass der Anteil der Nichtdeutschen in der Bevölkerung generell steigt. Sorge bereitet ihm dabei vor allem der zunehmende Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren.

Bei Wohnungseinbrüchen sieht der Revierleiter dagegen einen längerfristigen Rückgang voraus – „auch deshalb, weil den Tätern jetzt eine Haftstrafe droht“. Trotzdem sei jeder Wohnungseinbruch einer zu viel. Präventiv rät Jürgen Ringhofer deshalb zur Vorsicht: „Jeder steckende Schlüssel und jedes gekippte Fenster sind Steilvorlagen für Einbrecher – auch wenn man nur kurz die Wohnung verlässt. Ein schräg gestelltes Fenster ist ein offenes Fenster.“ 2023 habe es in der Stadt Kirchheim zwölf Einbruchsversuche gegeben, im gesamten Revierbereich waren es 33. Zwei Drittel davon kommen nicht übers Versuchsstadium hinaus, betont der Revierleiter: „Nach kurzer Zeit brechen die Einbrecher den Versuch wieder ab, wenn die Wohnung gut genug gesichert ist.“