Kirchheim führt „Blitz-Bewerbung“ für Erzieherinnen ein
Kinderbetreuung
Kirchheim führt „Blitz-Bewerbung“ für Erzieherinnen ein
Die Stadt Kirchheim setzt im pädagogischen Bereich ab sofort auf ein schnelleres Bewerbungsverfahren. Was es damit auf sich hat, und wie die Stadt Kirchheim Erzieherinnen an sich bindet.
Schneller Erzieherinnen einstellen: Das ist das Ziel der Stadt. Foto: Ralph Steckelbach Photography
Die Stadt Kirchheim reagiert auf die Kritik an zu langsamen Bewerbungsverfahren für pädagogische Fachkräfte und führt eine sogenannte „Blitz-Bewerbung“ ein. Erzieherinnen, die sich für die Arbeit in einer bestimmten städtischen Kita in Kirchheim interessieren, sollen sich ab sofort bei der Leitung der Einrichtung vorstellen können, anstatt auf einen Vorstellungstermin bei der Stadt zu warten. Können sich beide Seiten die Zusammenarbeit vorstellen, muss nur noch der Personalrat zustimmen. Mit dieser Entbürokratisierung möchte die Stadt Kirchheim den Bewerbungsprozess beschleunigen und Interessierten ermöglichen, die Wunscheinrichtung kennenzulernen. Die Vorstellungsgespräche, zu denen Erzieherinnen eingeladen werden, die sich in keiner bestimmten Einrichtung bewerben, bleiben erhalten. Eine eigens für den pädagogischen Bereich zuständige Personalreferentin sorgt laut der Stadt für eine persönliche Betreuung und organisiert die Gespräche weiterhin im Drei-Wochen-Turnus.
Während die Stadt weiß, dass es beim Einstellungs-Tempo noch Luft nach oben gibt, will sie den Vorwurf, zu wenig für die Fachkräftegewinnung zu tun, nicht auf sich sitzen lassen. Um Erzieherinnen einzustellen und für verlässlichere Betreuung zu sorgen, hat die Verwaltung laut Bürgermeisterin Christine Kullen Anfang 2023 ein Maßnahmenbündel geschnürt. Dazu gehört die Einstellung von zehn Fachkräften aus Spanien, die aktuell noch in der Praktikumsphase sind. Der Vertretungspool sei auf zehn Vollzeitstellen erhöht worden. Dazu kämen zwei feste Springer-Stellen für die größten Einrichtungen Halden- und Teck-Kindergarten, was dazu geführt habe, dass es dort fast keine Teilschließungen mehr gebe. Die Plätze für Auszubildende und Anerkennungspraktikanten seien erhöht und Anleitungszeit eingeführt worden. Zusätzlich suche man permanent nach FSJlern, die in Kitas eingesetzt werden können.
Mitarbeiterbindung im Fokus
Auch Quereinsteiger sollen künftig stärker gefördert werden. „Durch gezielte Anleitung, Qualifizierungen und Weiterbildungen wird gewährleistet, dass hohe pädagogische Standards erhalten bleiben“, sagt Stadt-Sprecherin Doreen Edel. Außerdem will die Stadt auf allen Kanälen inklusive Social Media weiter für sich werben. Auftritte auf Karrieremessen und die Kooperation mit Schulen sind geplant. „Die Ende Oktober gestartete Kampagne ‘Arbeiten bei der Stadt ist immer &’ heben die Flexibilität, Sicherheit und individuellen Entwicklungsperspektiven, die eine Tätigkeit bei der Stadt bieten, hervor“, so Edel.
Neben der Gewinnung von Mitarbeitern steht für Christine Kullen deren Bindung an die Stadt im Fokus. Maßnahmen, die das bewirken sollen, sind laut der Bürgermeisterin die Erhöhung der Leitungsfreistellung über den Standard des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) hinaus, die Schaffung von vier Fachdiensten, die Kolleginnen zu Fragen von Sprache, Inklusion, Integration und Ausbildung beraten, die Einführung von Anleitungszeit sowie die Etablierung von Kita-Sekretariaten für Einrichtungen ab drei Gruppen. Die Kita-Sekretärinnen sollen die Leitungen bei bürokratischen Aufgaben entlasten. Kleinere Einrichtungen erhalten entsprechend höhere Leitungsfreistellungen. Die Kita-Sekretariate hätten allerdings noch nicht vollständig besetzt werden können, so Kullen. Die Einführung der Kita-App, die noch nicht abgeschlossen ist, soll Erzieherinnen entlasten und die Kommunikation zwischen Eltern und Einrichtungen erleichtern. „Ich finde, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagt Christine Kullen. Veränderungen bräuchten Zeit, aber man habe die Weichen in die richtige Richtung gestellt.
Situation im KW-Kindergarten
Kündigungen Was die Situation im Konrad-Widerholt-Kindergarten in Kirchheim angeht, möchte Bürgermeisterin Christine Kullen den Eltern Mut machen. Dort hatten zuletzt mehrere Erzieherinnen gekündigt. „Es gehen nicht alle auf einen Schlag“, sagt die Bürgermeisterin. Vier Erzieherinnen wechselten aus dem KW-Kindergarten in den Jurten-Kindergarten auf dem Schafhof, der im Februar eröffnet wird. „Das hängt sicherlich damit zusammen, dass die neue Leiterin im Jurten-Kindergarten mal Leiterin im KW-Kindergarten war“, sagt Christine Kullen. Zwei seien schon gegangen, die Stellen seien bereits nachbesetzt. Die anderen beiden würden so lange bleiben, bis neue Erzieherinnen gefunden seien. Drei Erzieherinnen würden die Stadt als Arbeitgeber ganz verlassen. Einen Erzieher, der zum 1. Januar im KW-Kindergarten beginnt, hat die Stadt neu einstellen können. Bleiben vier Stellen, die im KW-Kindergarten nachbesetzt werden müssen. adö
Symbolbild: Markus Brändli
Kommentar: Stadt braucht einen Puffer
Teilschließung: Es ist ein Wort, bei dem Kirchheimer Eltern regelmäßig das Frühstücksbrot im Hals stecken bleibt. Unterschreitet eine Kita den Mindestpersonalschlüssel, müssen Öffnungszeiten eingeschränkt werden oder Kinder zuhause bleiben. Sonst gibt es Ärger mit der Aufsichtsbehörde, dem KVJS. Es gibt aber auch Gemeinden, in denen es praktisch nie zu solchen Teilschließungen kommt. Zwei Dinge scheinen den Unterschied zu machen: Schnelle Einstellungsverfahren. Und eine Personalausstattung, die über dem Mindestpersonalschlüssel liegt. Das nützt Erzieherinnen, aber auch Eltern und Kindern, denn so wird gewährleistet, dass ein hoher Krankenstand nicht automatisch zur Einschränkung der Öffnungszeiten führt. Auch der Kirchheimer Gemeinderat könnte entscheiden, mehr Geld für pädagogisches Personal auszugeben und der Stadtverwaltung einen Puffer einzuräumen, so dass der Mindestpersonalschlüssel überschritten wird. Hat er aber bislang nicht. Wer sich über Teilschließungen ärgert, darf deshalb nicht nur auf die Stadtverwaltung schimpfen, sondern muss auch auf den Gemeinderat einwirken. Antje Dörr