Im Nebel ruhet längst die Welt, die schwaches Schimmern matt erhellt: In Anlehnung an den lyrischen Lokalmatador Eduard Mörike ist das die Beschreibung des Feuerwerks zum Jahreswechsel in und um Kirchheim. Etwas weniger poetisch, dafür aber meteorologisch korrekt: Eine Inversionswetterlage hatte dafür gesorgt, dass nahezu das gesamte Arsenal an Raketen, das in die Luft geballert wurde, so gut wie wirkungslos verpuffte – zumindest, was den visuellen Aspekt betrifft. Was es zu sehen gab, beschränkte sich auf einen Radius von rund 50 Metern.
Wenigstens ließen die Farben der Raketen den Nebel immer wieder wie eine rote oder eine grüne Wand erscheinen. Allerdings waren diese Erscheinungen immer nur flüchtig, als wäre es ein buntes Wetterleuchten. Schade um das beeindruckende Farbspektakel, das sonst dazugehört.
Die Frage, die sich viele Beobachter – oder besser Nicht-Beobachter – gestellt haben, muss jeder für sich selbst beantworten: Wie sinnvoll ist es, Raketen oder Leuchtkugeln in den Himmel zu schießen, wenn man den großartigen Effekt kaum bis gar nicht wahrnehmen kann? Hatte die Sicht kurz vor Mitternacht noch bei 200 bis 300 Metern gelegen, tat der Pulverdampf kurz danach ein Übriges – bis der Qualm von unten sich allmählich mit dem tiefhängenden Dunst von oben vereinte.

Deshalb war zu Beginn des Jahres 2025 ein anderes Sinnesorgan gefragt, um festzustellen, wie sich die Frequenz des Feuerwerks entwickelt: das Gehör. Was sonst sichtbar ist, ließ sich jetzt eben vor allem akustisch verfolgen. Pünktlich um fünf vor zwölf gibt es immer einen rasanten Anstieg beim pyrotechnischen Geschehen zu verzeichnen, der dann normalerweise gegen 0.30 Uhr wieder abebbt. Dieses Mal allerdings hörte das massive Knallen schon gegen 0.15 Uhr wieder auf. Es gab also doch einige Feuerwerker, die keine Lust mehr aufs reine Hören hatten, nachdem ihnen das Sehen von Anfang an vergangen war.
Freie Sicht auf der Alb
Andere Eindrücke ließen sich von der Albkante aus gewinnen: Immer wieder gab es Geschosse, die die Wolkendecke durchdringen und somit ihre Farbenpracht entfalten konnten. Und auch die Explosionen, die sich mitten im Nebelmeer ereigneten, waren effektvoll: Sie beleuchteten den Dunst von unten, fast wie bei einer Unterwasser-Lichtershow.
Wer dagegen das eigene Feuerwerk irgendwie visuell genießen wollte, war gut bedient mit Batterien, deren Inhalt in Bodennähe sprüht und glüht, funkelt und zischt, glänzt und strahlt. Die Kehrseite der Medaille: In der Nacht noch unterwegs zu sein, ist kein richtiges Vergnügen, weil man nie genau weiß, auf welche Hinterlassenschaften solcher Boxen man als nächstes tritt oder fährt. Das Entsorgen ist sicher nicht ganz unproblematisch, solange die Batterie nicht vollständig erkaltet ist. Aber das alles auf der Straße oder auf dem Gehweg einfach stehen zu lassen, ist eben auch nicht die ganz feine Art.
Diese Gedanken waren aber am Neujahrsmorgen schon wieder verflogen, wie auch der Nebel. Was auch immer dann noch auf dem Programm stand – Neujahrskonzert aus Wien, Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen oder „Neujahrs-Anbaden“ im Bissinger Sai –, der erste Tag des neuen Jahres löste die herbstlichen Versprechen Eduard Mörikes voll ein: „den blauen Himmel unverstellt“ konnte man ebenso genießen wie „die gedämpfte Welt“, denn über Dächern, Wald und Wiesen sah man alles „in warmem Golde fließen“.