Politik
Kirchheimerin beobachtet die US-Wahl

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Renata Alt besucht am Dienstag im Auftrag der OSZE insgesamt 13 Wahllokale im Bundesstaat Maryland.

Renata Alt ist derzeit als Wahlbeobachterin in den USA – und nebenher auch als „Sonderkorrespondentin“ des Teckboten in der Hauptstadt Washington, hier mit dem Kapitol im Hintergrund. Foto: pr

Wenn die USA am Dienstag, 5. November, über die Präsidentschaft für die kommenden vier Jahre abstimmen, ist auch eine Kirchheimerin direkt vor Ort: Renata Alt ist eine von zwölf Bundestagsabgeordneten, die als offizielle Wahlbeobachter der OSZE tätig sind. Insgesamt entsendet die OSZE 140 Personen.

Seit 2008 haben die USA regelmäßig Wahlbeobachter eingeladen, berichtet die FDP-Abgeordnete. Allerdings sind es nicht die Vereinigten Staaten als solche, die die Einladungen aussprechen, es sind immer nur einzelne Bundesstaaten. Das bedeutet, dass es auch etliche Staaten gibt, in denen die OSZE nicht vertreten ist.

Für Renata Alt ist es bereits der vierte Einsatz als offizielle Wahlbeobachterin: Zwei Wahlgänge hat sie in dieser Funktion in der Türkei erlebt. Bei einer weiteren Wahl war sie in Bosnien-Herzegowina. „Hier in den USA läuft vieles ganz anders, als wir es von Europa gewöhnt sind“, sagt sie und bezieht sich dabei auch auf das Briefwahlsystem in den jeweiligen Staaten und auf die Möglichkeit, elektronisch abzustimmen.

Sie selbst ist heute indessen nur in Wahllokalen unterwegs, und zwar im Bundesstaat Maryland. Das erste Wahllokal sucht sie gemeinsam mit einem SPD-Kollegen aus Rheinland-Pfalz noch vor dessen Öffnung auf. Die beiden schauen sich um, wie die Stimmabgaben dort vorbereitet werden. In elf weiteren Wahllokalen sind sie während des Wahlvorgangs präsent, und das 13. Wahllokal auf ihrer Liste besuchen sie erst nach der Schließung. Auch dann gilt es ja noch zu beobachten, wie nach Ende der Wahl mit den Stimmzetteln umgegangen wird.

„Wir mischen uns nicht ein“

Was genau machen die beiden Wahlbeobachter aus dem Bundestag in Maryland – wie auch ihre anderen OSZE-Kollegen in diversen anderen Bundesstaaten? „Wir schauen zum Beispiel, ob es am Wahltag in unmittelbarer Nähe der Wahllokale noch Wahlpropaganda gibt, und auch sonst, ob es zu irgendwelchen Verstößen, Unregelmäßigkeiten oder gar Manipulationen kommt.“ Der Name „Wahlbeobachter“ ist dabei allerdings Programm: „Wir beobachten nur, wir mischen uns nicht ein."

Das Nicht-Einmischungs-Gebot ist mehr als wichtig: Vor der Wahl sind die OSZE-Beobachter allesamt zur strikten Neutralität verpflichtet. Das betont Renata Alt beim Telefonat aus der Bundeshauptstadt Washington, D.C., immer wieder. Sie hat sich also seit Sonntag im Zentrum der Macht aufgehalten, weil der Bundesstaat Maryland praktischerweise gleich nebenan liegt.

Weil sie in diplomatischen Missionen sehr erfahren ist, muss sie sich auch gar nicht verstellen, um ihre Neutralität zu beweisen: „Wir haben schon viel früher Kontakte zu einzelnen Kongressabgeordneten geknüpft, denn eines ist klar – egal, wie die Präsidentschaftswahl ausgeht, der Bundestag muss auch hinterher gut mit dem Kongress zusammenarbeiten.“

Natürlich sind ihr die Umstände der Wahl im November 2020 gut bekannt, und natürlich weiß sie Bescheid um die Behauptung, die Wahl sei Donald Trump gestohlen worden. In aller Neutralität sagt sie dazu nur: „Die Zahl derer, die an eine gestohlene Wahl glauben, ist seit 2020 konstant geblieben.“

Auch auf die Geschehnisse vom 6. Januar 2021, als Trump-Anhänger das Kapitol stürmten, geht sie nur indirekt ein: „Aktuell ist die Stimmung hier in Washington noch ruhig – passend zum schönen Herbstwetter. Aber sie haben bereits damit begonnen, das Kapitol und das Weiße Haus abzuriegeln, weil wohl mit möglichen Krawallen gerechnet wird.“

Am Donnerstag wieder im Plenum

Renata Alts Arbeit als Wahlbeobachterin wird ziemlich schnell erledigt sein: „Das geht alles elektronisch. Unser Bericht aus Maryland muss am Mittwoch schon fertig sein.“ Das kommt ihr sehr gelegen, weil sie bereits am Donnerstag um 9 Uhr wieder im Bundestags-Plenum sitzen will.

Was die Kirchheimerin über den Wahlausgang denkt? „Es ist komplett unentschieden. Keiner wagt es, irgendetwas vorherzusagen.“ Und so diplomatisch geht es weiter: „Ich denke, dass das endgültige Wahlergebnis nicht so schnell vorliegt. In einigen Staaten wird ungefähr eine Woche lang ausgezählt.“ Entscheidend seien die Swing States, in denen es mitunter mehr als knapp hergeht. „In den Briefings hat man uns gesagt, dass ein besonderes Augenmerk auf Nevada und Michigan liegt. Pennsylvania wurde auch genannt, und aus meiner Sicht kommt es vor allem auf Pennsylvania an.“