Kommentar über die Mandate im Wahlkreis Nürtingen
Lange Zeit der Unsicherheit

Es wird komplizierter: Mit sieben Parteien, die in den Bundestag einziehen könnten, fehlen der „großen Politik“ in Berlin nicht nur die vermeintlich „einfachen“ Koalitionslösungen.

CDU-Wahlparty in der Braurevolution in Kirchheim mit Matthias Hiller: Ob der Wahlkreissieger allerdings in den Bundestag einzieht, steht noch nicht fest. Foto: Markus Brändli

Auch auf dem „flachen Land“ sorgt die Aufsplitterung der Parteienlandschaft für gewisse Schwierigkeiten – zumindest am Wahlabend. Lange bevor sich Fragen wie „Wer mit wem?“ beantworten lassen, bleibt für den hiesigen Wahlkreis eine ganz andere wichtige Frage offen: „Wer überhaupt?“

Für die bisherigen Bundestagsabgeordneten aus Kirchheim und Umgebung waren zwei Fälle ziemlich schnell geklärt – im Prinzip sogar schon lange vor den ersten Hochrechnungen: Mit Listenplatz zwei vertritt der SPD-Abgeordnete Nils Schmid den Wahlkreis Nürtingen weiterhin im Bundestag.

Für Renata Alt dagegen genügte Platz sieben auf der FDP-Landesliste nicht mehr für ein neuerliches Mandat – ganz unabhängig von der Frage, ob ihre Partei die Fünf-Prozent-Hürde doch noch überspringen würde. Auch wenn es im Lauf des Wahlabends immer deutlicher wurde, dass die FDP zum zweiten Mal nach 2013 nicht in den Bundestag gewählt wird, war klar, dass die FDP selbst im günstigsten Fall keine sieben Mandate erringen würde. Das Engagement der Kirchheimerin als Abgeordnete ist damit beendet – zumindest für die nächsten vier Jahre oder eben für die neue Legislaturperiode.

Der Grünen-Abgeordnete Matthias Gastel konnte mit Listenplatz zehn einigermaßen entspannt abwarten, bis sein Wiedereinzug in den Bundestag auch offiziell feststehen würde. So gravierend waren die Verluste für die Grünen nicht, dass die Zahl der Gruppe aus Baden-Württemberg von 18 auf unter zehn sinken würde. Eng hätte es für ihn nur dann werden können, wenn seine Partei im Ländle wieder vier oder gar mehr Direktmandate geholt hätte.

Die Direktmandate sind das entscheidende Stichwort für die CDU. Seit es den Bundestags-Wahlkreis Nürtingen gibt, hat immer der Unionskandidat die meisten Erststimmen geholt: Anton Stark, Elmar Müller und Michael Hennrich. Dieses Mal hat Matthias Hiller die Tradition fortgesetzt. Nur ist der Sieg im Wahlkreis erstmals nicht mehr automatisch mit dem Direktmandat verbunden: Der Erfolg bei den Erststimmen ist kein Grund mehr, frühzeitig die Sektkorken knallen zu lassen. Es ist eben alles komplizierter geworden.