Drei ausverkaufte Abende in der Kirchheimer Stadthalle – und ein Thema, das mit voller Wucht aus der Geschichte in die Gegenwart schlägt: Mit „Die Teck muss weg!“ hat die Theater-AG des Ludwig-Uhland-Gymnasiums unter der Leitung von Iris Katzenstein und Tanja Proft einen außergewöhnlichen Wurf gelandet.
Im Zentrum der Aufführung: die brennende Burg Teck – historisches Ereignis und Spiegelbild heutiger gesellschaftlicher Spannungen. Denn Freiheit, Gerechtigkeit und Teilhabe sind sozialer Zündstoff. Das Bühnenstück stammt aus der Feder von Jörg Ehni. Beauftragt wurde der heute 91-Jährige von Kirchheims Stadtarchivar Frank Bauer, der vor zwei Jahren das Projekt zur Erinnerung an den Bauernkrieg initiierte. Entstanden ist ein Werk, das weit mehr ist als ein historisches Drama – ein klug komponiertes Gedankenspiel über politische Gewalt und das menschliche Ringen um Würde.
Das dramatische Geschehen basiert auf realen Ereignissen: Am 3. Mai 1525 geht die Burg Teck in Flammen auf – ein symbolischer Akt der aufständischen Bauern, die Kirchheim eingenommen und dort ihr Hauptlager errichtet hatten. Auf dem Hohenneuffen, wo sich der Kirchheimer Vogt in Sicherheit gebracht hatte, muss dieser Anblick blankes Entsetzen ausgelöst haben. Auf der Hahnweide hingegen galt er als Zeichen der Stärke – ein Triumph über Adel und Klerus.
Doch die Zerstörung der Burg war nicht unumstritten. Ehni inszeniert die Konflikte der Aufständischen mit erzählerischer Raffinesse: Soll man die sichtbaren Zeichen der alten Ordnung vernichten? Oder diszipliniert auftreten, um moralische Integrität zu wahren? Solche Fragen stellten sich die historischen Akteure – und sie hallen bis heute nach.

Mit feinem Gespür für politische und gesellschaftliche Zusammenhänge aktualisiert Ehni die Vergangenheit, ohne sie zu modernisieren. In einer Traumszene lässt er zentrale Figuren der damaligen Zeit zu einer imaginären Friedenskonferenz zusammentreten: Truchsess von Waldburg (Jonas Hahnel), Herzog Ulrich von Württemberg (Sara Bouguerba), Bauernführer Matern Feuerbacher (Ruby Brendel) sowie Martin Luther (Pia Hertl) und Thomas Müntzer (Pia Selz) als personifizierte Diskurse. „Alle Menschen sind gleich“, lautet das provokante Motto der Szene – ein Satz, der auch heute noch Unruhe stiftet. Die imaginäre Konferenz scheitert, wie so viele reale auch. „Kriege wird es geben, solange es Menschen gibt“, lässt Ehni den Truchsess sagen. Ein bitterer Kommentar zur Weltlage.
Mit „Götti“ (Janina Wolf) und „Luzi“ – Gott und Teufel – führt Ehni zwei Charaktere ein, die das Geschehen aus metaphysischer Distanz beobachten. Ihre Kommentare („Die Hölle ist euer Gewissen“, „Freiheit ist kein Ruhekissen“) geben der Darbietung philosophische Tiefe und verweisen auf die Zeitlosigkeit des Konflikts zwischen Macht und Moral. Das Totentanz-Finale nach der Schlacht von Böblingen lässt niemanden unberührt. Der Truchsess verkündet den Sieg – und wird vom Tod geholt. Gefallene singen das „Lied der Toten nach der Schlacht“. Ein eindrucksvolles Bild für den Preis der Emanzipation – mehr Mahnung als Triumph.
Das Gelingen der Aufführung verdankt sich dem Zusammenspiel vieler Akteure. Vor allem den jungen Darstellerinnen, die ihre Rollen mit Reife, Ernsthaftigkeit und Bühnenpräsenz ausfüllten. Das LUG-Ensemble überzeugte durch lebendiges Spiel, das historische Stoffe mit heutiger Relevanz verband. Die Musik von Wolfgang Gentner, interpretiert vom vhs-Orchester unter Siegfried Hartauer und dem Gesangsensemble der Stadtverwaltung (Leitung: Sandra Linsenmayer), verlieh der Inszenierung zusätzliche emotionale Kraft. Visuelle Glanzlichter setzte das Bühnenbild des Dettinger Künstlers Wolfgang Diez. Der anwesende Autor Jörg Ehni zeigte sich äußerst angetan – wie auch das Publikum, das allen Beteiligten mit langanhaltendem Applaus dankte. Mit „Die Teck muss weg!“ ist dem Kirchheimer Kulturring ein bemerkenswertes Theaterereignis gelungen – lokal verwurzelt und zugleich universell in seiner Aussagekraft.