Dokumentation
Meister der Apokalypse

Der Kirchheimer Filmemacher Jo Müller porträtiert Starregisseur Roland Emmerich anlässlich seines 70. Geburtstags. 

Jo Müller (rechts) pflegt den Kontakt zu Roland Emmerich seit rund 40 Jahren. Mit dem Filmportrait über den Hollywood-Regisseur erfüllt er sich einen Traum. Foto: Benjamin Frank/Beetz Brothers

Ob „Independence Day“, „Stargate“ oder „Godzilla“ – Roland Emmerichs Filme haben sich tief ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Explosion des Weißen Hauses wurde zur Ikone des Katastrophenkinos, Emmerich zum „Master of Desaster“. Nun wird der Starregisseur aus Sindelfingen 70 Jahre alt. Zu diesem Anlass zeigt die ARD die Dokumentation „Meister der Apokalypse“ – gedreht vom Kirchheimer Filmemacher Jo Müller, der Emmerichs Weg seit fast vier Jahrzehnten begleitet.

Kennengelernt haben sich die beiden Mitte der Achtzigerjahre, als Emmerich in Sindelfingen seinen zweiten Spielfilm „Joey“ drehte. „Ich war als Journalist bei den Dreharbeiten dabei“, erinnert sich Müller. „Mich hat beeindruckt, dass Emmerich kein deutsches Autorenkino machte, sondern sich bewusst dem Genrefilm verschrieb.“ Beide teilten dieselben filmischen Vorbilder – Hitchcock, Spielberg und Lucas – und verstanden sich auf Anhieb. Seitdem hat Müller die Karriere des Schwaben in Hollywood mit Kamera und Notizbuch verfolgt: vom Filmstudenten zum Weltregisseur, dessen apokalyptische Visionen Kinogeschichte schrieben.

Mit Filmen wie „The Day After Tomorrow“ oder „2012“ prägte Emmerich das Blockbuster-Kino. Doch der Regisseur hat auch andere Seiten. Neben seinen Spektakeln entstanden feinsinnige Arbeiten wie der Historienkrimi „Anonymus“ oder „Stonewall“, sein persönlichstes Werk über den Aufstand homosexueller Aktivisten in New York.

Dass Emmerich weit mehr ist als der Effektzauberer aus Hollywood, weiß Jo Müller wie kaum ein anderer. „Meine Doku zeigt den Menschen hinter den Filmen“, sagt er. „Roland Emmerich ist ein Intellektueller – in jungen Jahren las er Thomas Mann, während seine Freunde Karl May verschlangen.“ Für Müller ist „Meister der Apokalypse“ die Fortsetzung einer jahrzehntelangen Annäherung. Bereits 2009 porträtierte er Emmerich für ZDF/ARTE in „Roland Emmerich – sein Leben“ – ausgezeichnet in Cannes mit dem Goldenen Delfin. Auch seine später erschienene Biografie zeichnet ein persönliches, unverstelltes Bild des Regisseurs.

Intime Einblicke 

Nun hat Müller seine Langzeitbeobachtung erstmals zu einem großen filmischen Porträt verdichtet. „Über 30 Jahre habe ich Roland Emmerich auf seinem Weg zum Hollywood-Olymp begleitet“, sagt er. „Ich war bei der Entstehung vieler Filme dabei, konnte ihn mehrfach in seiner Villa in Los Angeles besuchen.“ Schon lange hegte Müller den Wunsch, dieses Material zu einem Dokumentarfilm zusammenzuführen.

„Doch niemand wollte das Projekt finanzieren“, erzählt er. Erst ein Treffen mit dem Berliner Produzenten Christian Beetz brachte die Wende. Unter Federführung des SWR, unterstützt von der Filmförderung Baden-Württemberg, entstand schließlich der Film für Das Erste und die ARD-Mediathek.

Zu Wort kommt darin auch Ute Emmerich, die ihren Bruder nach Hollywood folgte und als Produzentin viele seiner Filme betreute. Besonders eindrücklich sind die Szenen, in denen Emmerich nach Sindelfingen zurückkehrt und sein kurz vor dem Abriss stehendes Elternhaus besucht – eine stille, melancholische Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit und Heimat. „Einfach toll, dass sich dieser Wunsch nach all den Jahren erfüllt hat“, sagt Jo Müller. „Jetzt bin ich erleichtert – und gespannt, wie der Film ankommt.“

„Meister der Apokalypse“ ist ab Mittwoch, 5. November, in der ARD-Mediathek zu sehen.