Es dürfte in jeder Hinsicht ein „herausragendes“ Projekt werden: die Umgestaltung der alten Industriegebäude an der Ecke Paradiesstraße / Saarstraße in Kirchheim. Entstehen sollen dort 21 Wohnungen einschließlich Gemeinschaftsräumen und Büroräumen. Während die Sheddach-Halle in ihrer äußeren Form weitgehend erhalten bleiben soll, wird das Hauptgebäude, das direkt an der Lauter liegt, um dreieinhalb Etagen aufgestockt. „Die Fundamente packen das“, sagt Norbert Kazmaier vom Kirchheimer Büro Kiltz Kazmaier Architekten. Das ist der Vorteil des historischen Industriebaus: „Das Gebäude ist ja ursprünglich einmal für schwere Spinnmaschinen ausgelegt gewesen.“
Holzbau geht schnell
Bei der Aufstockung handelt es sich um einen Holzbau, wie es beim Projektträger Oekogeno schon seit einiger Zeit üblich ist. Von der Nachhaltigkeit abgesehen, hat die Holzbauweise noch ganz andere Vorteile: „Auf der Baustelle selbst geht der eigentliche Bau ziemlich schnell.“ Das bedeutet, dass an dieser Stelle der Paradiesstraße eher nicht mit längeren Straßensperrungen zu rechnen ist.
Aus der Sicht Norbert Kazmaiers „bleibt der genius loci, also die Atmosphäre des Orts, erhalten“. In diesem Zusammenhang seien auch die Beratungen im Gestaltungsbeirat sehr wichtig gewesen. Die Höhe sei unter anderem wegen der gewünschten Verdichtung nötig. Das einzige, was ihn stört, ist die Feuertreppe, die am nordöstlichen Eck zur Lauter hin gebaut werden muss: „Das ist aber eine Notwendigkeit, weil die Feuerwehr von der anderen Seite der Lauter her nur sehr schlecht an das Gebäude herankommt.“
Dass das Carsharing funktioniert, wissen wir aus Erfahrung.
Klaus Nerz, Vorstandsmitglied der Oekogeno
Städtebaulich spielt die neue Wegeführung eine besondere Rolle. Oliver Kümmerle, der stellvertretende Leiter der Abteilung Städtebau und Baurecht, spricht von einer „deutlichen Verbesserung des Wegenetzes“. Dadurch werde die bisherige Rückseite des Gebäudeensembles geöffnet. Zu den Wegen gehört auch das entsprechende Grün: Selbst die Überdachung der Fahrradstellplätze zur Paradiesstraße hin soll begrünt werden. Auch an eine Fassadenbegrünung sei gedacht – aber unter Nutzerbeteiligung.
Ohnehin stehen die Nutzer – also die späteren Bewohner – im Mittelpunkt. Schließlich geht es um neue, generationenübergreifende, selbstbestimmte und inklusive Wohnformen. Die Oekogeno fungiert dabei als „Dachgenossenschaft“, wie Vorstandsmitglied Klaus Nerz erläutert: „Ziel ist es, vor Ort eine eigene Genossenschaft zu gründen. Nicht die Oekogeno baut dort, sondern die spätere Hausgenossenschaft. Wir unterstützen das und schieben es an.“
Jetzt geht es darum, diese Hausgenossenschaft ins Leben zu rufen. Zu diesem Zweck gibt es am Donnerstag, 15. Mai, ab 18 Uhr eine Informationsveranstaltung im „Con4rent“ im Steingau-Quartier sowie am Samstag, 5. Juli, einen Infostand auf dem „Kirchheimer Nachhaltigkeitsmarkt“ in der Dettinger Straße. Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter der Adresse https://oekogeno.de/kirchheim-unter-teck-alte-tuchfabrik/ im Internet.
Keine Eigenbedarfskündigungen
Die Vorteile des genossenschaftlichen Wohnens liegen für Klaus Nerz auf der Hand: „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Das Wohnrecht gilt ein Leben lang. Es gibt keine Eigenbedarfskündigungen, und die Miete deckt nur das ab, was auch wirklich an Kosten anfällt. Sinnmaximierung kommt bei uns vor Gewinnmaximierung.“
Zum „Sinn“ und zur Nachhaltigkeit zählt auch der Verzicht der Bewohner auf ein eigenes Auto: Vier Carsharing-Fahrzeuge sollen sich die Genossenschaftler ebenso teilen wie zwei bis drei Waschmaschinen. „Dass das Carsharing funktioniert, wissen wir aus Erfahrung“, sagt Klaus Nerz: „Wer genossenschaftlich wohnt, hat keine drei Autos.“
Die Gesamtkosten für den Umbau sollen bei rund 15 Millionen Euro liegen. Was den Zeitplan betrifft, geht es jetzt darum, vor Ort die Genossenschaft auf den Weg zu bringen. Das Jahr 2026 dient dazu, die Planung fertigzustellen. Baubeginn wäre demnach Anfang 2027. Der Bezug der neuen Wohnungen soll Ende 2028, spätestens Anfang 2029 erfolgen.
