Medizin
Notfallpraxis Kirchheim wird definitiv geschlossen

Nach dem Aus für den Standort Kirchheim will Oberbürgermeister Pascal Bader nicht aufgeben. Ein ehemaliger Patient erzählt, wie die Notfallpraxis ihn vor Schlimmerem bewahrt hat. 

Zwischen April 2025 und Anfang 2026 soll die Schließung der Kirchheimer Notfallpraxis vollzogen werden. Foto: Carsten Riedl

Am Montag hat die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) das Aus für die Kirchheimer Notfallpraxis auch offiziell verkündet. Zwischen April 2025 und Anfang 2026 soll die Schließung vollzogen werden. Oberbürgermeister Pascal Bader war am Montag mit einer Gruppe aus Kirchheim nach Stuttgart gefahren, um mit rund 400 Menschen gegen die Pläne zu demonstrieren. 

Verärgert war der Kirchheimer Rathauschef, „dass die Pressemitteilung mit dem offiziellen Aus bereits am Vormittag veröffentlicht wurde.“ Er hätte sich gewünscht, dass die Landtagsabgeordneten das Thema zunächst im Sozialausschuss diskutieren, der am Mittwoch auf dem Plan steht. „Über Fraktionsgrenzen hinweg sprechen sich alle für den Erhalt der Notfallpraxen aus“, verweist Bader auf die Gespräche mit Landespolitikern, die er geführt habe.

Wie beurteilt der Kirchheimer Oberbürgermeister die Auswirkungen für die Menschen in Kirchheim und Umgebung? „Die Wege werden weiter.“ Die Rechnung der KVBW, dass 95 Prozent der Menschen auch weiterhin eine Notfallpraxis in 30 Minuten erreichen könnten, kann er nicht nachvollziehen. Unter den Demonstranten, die sich mit der S-Bahn auf den Weg zu der Kundgebung gemacht hatten, waren nach Baders Worten frühere Mitarbeiter der Notaufnahme des Kirchheimer Krankenhauses. „Sie befürchten, dass mehr Fälle dort landen.“

Für den Kirchheimer Oberbürgermeister ist das Thema nicht vom Tisch. Bei der Demonstration in Stuttgart hat er Kontakte mit den Kollegen der anderen betroffenen Standorte geknüpft. „Wir werden uns beraten und dann gemeinsam überlegen, wie wir weiter verfahren.“ Dabei setzt Pascal Bader zunächst „auf politische Initiativen“.

Einer, den die Schließung der Notfallpraxis aus persönlichen Gründen besonders wurmt, ist Peter H. (Name geändert). Der Kirchheimer wird in Kürze an der Herzklappe operiert. Die Diagnose, Herzklappeninsuffizienz, wurde zwar nicht in der Notfallpraxis gestellt. Doch als der 68-Jährige am Sonntag, 8. September, mit diffusen Beschwerden in der kassenärztlichen Bereitschaftspraxis in Kirchheim auftauchte, sei er dort sehr gründlich untersucht worden, sagt er. Die diensthabende Ärztin nimmt ihm Blut ab, checkt seine Lunge, schließt ihn ans EKG an. „Man hat meine Beschwerden ernst genommen und sich viel Zeit genommen“, sagt er. 

Nach fünf Stunden in der Notfallpraxis wird Peter H. an diesem Tag entlassen, mit dem Wissen, dass seine Entzündungswerte erhöht sind. Er bleibt dran, lässt sich zwei Wochen später nochmal von seiner Hausärztin Blut abnehmen. Die Allgemeinmedizinerin überweist ihn an einen Kardiologen. Der checkt ihn durch und schickt ihn dann weiter ins Kirchheimer Krankenhaus, wo die Diagnose gestellt wird.

Seitdem lebt Peter H. im Wartemodus. Kein Sport, keine großen Anstrengungen, die sein angeschlagenes Herz noch weiter belasten könnten. „Wäre die Notfallpraxis nicht gewesen, wäre ich nicht hingegangen. Mit solchen Beschwerden in die Notaufnahme zu gehen, das wäre für mich nicht infrage gekommen“, sagt H.. Er spinnt den Gedanken weiter: „Vermutlich wäre ich weiter zum Sport gegangen, was für mich sehr gefährlich hätte werden können. Wahrscheinlich hätte ich mich erst Wochen später untersuchen lassen“. Man brauche so ein Angebot auch weiterhin, sagt der 68-Jährige.