Es scheint sich nicht viel verändert zu haben: Renata Alt sitzt in ihrem Kirchheimer Wahlkreisbüro und berichtet von ihren vielen Terminen auf internationalen Konferenzen oder von Gesprächen mit Botschaftern. Und doch gibt es einen großen Unterschied: Sie ist keine Bundestagsabgeordnete mehr, noch nicht einmal ihre FDP-Fraktion gibt es mehr. Deshalb hat sie das Büro in Kirchheim zwar weiterhin angemietet, weil der Mietvertrag nicht so schnell zu kündigen war. Aber das Büro ist bereits weitgehend ausgeräumt. Und sie selbst macht sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft.
Die nächste Wahl ist noch zu weit weg
Diese Zukunft sieht sie nicht mehr unbedingt im Bundestag. Falls doch, wäre erst in knapp vier Jahren daran zu denken. Diese Zeitspanne gälte es dann ohnehin anderweitig zu überbrücken. Aber ob sie bei der nächsten Bundestagswahl – die regulär 2029 stattfinden müsste – überhaupt wieder antreten würde, lässt sie zum jetzigen Zeitpunkt komplett offen: „Es ist viel zu früh, um da etwas zu sagen.“
Jedoch sieht sie eine gewisse Tendenz, die gegen eine erneute Kandidatur spräche: „Ich werde jetzt 60, und der Trend in der FDP geht eher dazu, jüngere Kandidaten zu bevorzugen.“Ich habe jede Sekunde meiner Arbeit genossen.
Renata Alt über ihre Zeit im Bundestag
Renata Alt sagt das aber – wie es ihrer Art entspricht – sachlich und nüchtern analysierend, also weder mit wehmütigem noch mit anklagendem oder gar trotzigem Unterton: Es ist, wie es ist. Und sie wird sehen, wie es in zirka drei Jahren sein wird, wenn sich die Frage nach einer Kandidatur ernsthaft stellt. Dann allerdings wird es nicht nur auf die Partei und deren Politik ankommen, sondern auch darauf, wie sich ihre berufliche Zukunft entwickelt hat.
„Ich bin selbst gespannt, in welche Richtung das gehen wird. Zuvor war ich ja im Außenhandel tätig. Auch da sind internationale Verhandlungen wichtig.“ Ob es für sie demnach in der Diplomatie weitergeht oder in der Wirtschaft, internationale Kontakte sind und bleiben ihr dabei wichtig. Deshalb war sie am Wochenende auch in Prag auf der Globsec-Tagung, einem Pendant zur Münchner Sicherheitskonferenz.
Die Expertise ist gefragt
Und die Diplomatie? Immer wieder, auch nachdem sie kein Bundestagsmandat mehr hat und damit auch die Leitung des Menschenrechts-Ausschusses abgeben musste, melden sich Botschafter bei ihr und bitten um ein Gespräch und einen Meinungsaustausch. „Sie sind die Expertin für den Westbalkan“, hat ein Botschafter zu ihr gesagt. Tatsächlich lässt sich da auch viel auf andere Länder übertragen. Die Aufarbeitung von Vermisstenfällen im Kosovo beispielsweise ist im Vorfeld auch für die Ukraine wichtig – unter anderem auch die Frage, was für eine spätere Suche und Identifizierung alles zu dokumentieren ist.
Zu dokumentieren hat sie aber auch selbst noch sehr viel: Nach siebeneinhalb Jahren im Bundestag ist insbesondere für die Personalakten eine Aufbewahrungsfrist zu beachten. Ihr Mitarbeiterteam liegt Renata Alt aber auch nach Auflösung der Büros am Herzen: „Fast alle sind jetzt anderswo untergekommen. Das ist mir sehr wichtig.“ Einige seien in Berlin nach wie vor in Abgeordnetenbüros tätig, wenn auch zwangsläufig für Mitglieder anderer Fraktionen. Andere sind lieber in die Wirtschaft gewechselt. Und das Kirchheimer Büro? Auch da gab es „Vermittlungen“ an andere Abgeordnete. Vor allem aber hat es jetzt endlich geklappt, einen Termin für ein „Nachtreffen“ zu finden.
Kontakt zu halten ist für Renata Alt also auf allen Ebenen wichtig. Das gilt auch für ihre Familienmitglieder, sei es in der Slowakei, in Kanada oder in den USA. „Für die habe ich jetzt endlich Zeit.“ Das „Jet-Set-Leben“ im Auftrag der Menschenrechte hatte sie – zusätzlich zu Sitzungswochen, Wahlkreis- und Parteiarbeit – doch stark in Anspruch genommen. Trotzdem sagt sie im Rückblick: „Ich habe jede Sekunde meiner Arbeit als Mandatsträgerin genossen. Und ich bin sehr dankbar für diese Bereicherung meines Lebens.“