Warum, hat sich Klaus Konzelmann im Jahr 2000 gefragt, müssen Männer immer alleine im Keller mit der Modellbahn spielen? So gab es in der Kirchheimer Thomaskirche den ersten Modellbahntreff mit drei Männern. Schon bei den christlichen Pfadfindern (VCP), in denen er aufwuchs, hatte Klaus Konzelmann im Advent gemeinsame Modellbahnwochenenden erlebt.
Nach dem Umzug nach Jesingen im Jahr 2003 liefen die Treffen noch einige Zeit in der Thomaskirche weiter, zwei oder drei Jahre später zog auch die Modellbahngruppe um – und wurde von der evangelischen Kirchengemeinde herzlich aufgenommen. Nicht als fremder Gast, sondern als Teil des Gemeindelebens – auch beim nächsten Gemeindefest am 14. Juli gehört die Modellbahn im Garten und unter dem Dach wieder dazu. Als Klaus Konzelmann einmal mit der ketzerischen Frage konfrontiert wurde, was denn Züge mit Kirche zu tun hätten, antwortete er schlagfertig: „So viel wie Seidenmalerei im Frauenkreis.“
19 gestandene Herren und die drei Jungs Leo, Christian und Christoph sind diesmal zum Stammtisch im Jesinger Gemeindehaus gekommen. Die erste Viertelstunde werden auf dem großen Tischquadrat Gleise verlegt: Ein Kreis mit mehreren Ausweichstellen für den modernen Digitalbetrieb, ein weiterer Kreis für den klassischen Analogbetrieb. Bevor die mitgebrachten Loks und Wagen zum Einsatz kommen, ist aber so einiges Organisatorisches zu besprechen. Im September ist der Modellbahntreff beim Jubiläum „125 Jahre Teckbahn“ dabei, davor stehen Anfang August die öffentlichen Fahrtage an.
Dann folgt als Königsdisziplin eine Nagelprobe für den Zusammenhalt in der Gruppe: Die Modellbahnfreunde Teck haben gemeinsam einen Nachlass aus Owen übernommen und teilen nun Loks, Wagen und Zubehör unter sich auf. Wer was bekommt, wird nicht per Los oder Versteigerung geregelt, sondern in beachtenswerter Harmonie im gegenseitigen Einvernehmen besprochen. Christian bekommt den Zuschlag für drei Schiebewandwagen und zwei Kesselwagen. Die grüne E-Lok der Baureihe 140 hätte ihn auch interessiert, erzählt er später, aber er habe sich nicht recht getraut, das laut zu sagen. Doch er freut sich auch so. Vieles wird anschließend gleich Probe gefahren, auch die drei vierachsigen Umbauwagen mit Beleuchtung, die Christoph bekommen hat. Die Lok dazu hat er von zuhause mitgebracht: „Die haben wir in der Garage gefunden, sie lag viele Jahre dort.“ Christophs Papa übernimmt das Öffnen der älteren Lok, um auf dem Mäuseklavier die korrekte Digitaladresse festzustellen, dann fährt sie.
Mit seinen beiden roten Doppelstockwagen ist Christian nicht mehr ganz zufrieden, sie haben blinde Scheiben und bieten keinen Blick nach innen. „Sie sind aus einer Anfangspackung.“ Dafür ist er stolz auf seinen Intercitywagen, in den er eine LED-Innenbeleuchtung eingebaut hat: „Ich habe mir von Klaus helfen lassen.“
Klaus Konzelmann koordiniert die Gruppe, aber diese ist kein Verein. Es gibt keine Mitgliedsbeiträge, jeder ist willkommen. Frauen wären es gerne auch, sagen die Herren. Das weibliche Engagement dreht sich bisher eher ums Catering bei den Fahrtagen. Modellbahnfreunde bis aus Nürtingen, Donzdorf und Lorch kommen zum Stammtisch am vierten Freitag des Monats. Die insgesamt sechs Jungs, die sich an jedem zweiten Freitag im Monat ab 16 Uhr mit drei bis vier Erwachsenen im Gemeindehaus treffen, kamen im Vorjahr dazu: „Wir möchten bei euch mitmachen.“ Inzwischen hat jedes Kind unter Anleitung ein eigenes Diorama gebaut und anhand dieses Landschaftsquadrats Techniken wie das Begrünen und das Anlegen eines kleinen Sees gelernt. Christian hat sogar mit seinem Papa ein eigenes Modell gebaut, dass bei den nächsten öffentlichen Fahrtagen zum Einsatz kommt. Dann werden ganz viele solcher Module mit genormten Gleisübergängen zu einer großen Fahranlage zusammengesetzt.
Beim Stammtisch wurde auch neue Technik für die Fahrtage ausprobiert. Dort sollen Besucher eine Lok mit einem kleinen drahtlosen Handregler oder mit ihrem eigenen Smartphone steuern können. Der Probebetrieb ist gelungen.
Wenn mal etwas nicht so läuft, ist beim Stammtisch die Schwarmintelligenz gefragt. Dann trägt jeder das bei, was er weiß und kann. Ein Teilnehmer hat bereits komplette Kesselwagen selbst gebaut, auch ein selbst gebauter Staubsaugerwagen kam zum Einsatz. So etwas gibt es genauso fertig zu kaufen, aber selbst ist der Mann – ob allein oder in der Gruppe Gleichgesinnter. An einem Seitentisch bekommt eine Diesellok mal eben einen neuen Motor und einen Digitaldecoder. Nicht nur beim Löten tun sich vier Hände viel leichter als zwei.
Info
Die nächsten öffentlichen Fahrtage im Evangelischen Gemeindehaus (Reußensteinstraße 15) finden am 3. und 4. August statt, der Eintritt ist frei. Samstags ab 14 Uhr dürfen alle fahren, ab 19 Uhr nur Erwachsene, sonntags von 11 bis 17 Uhr wieder die ganze Familie.