Konzert
Wenn Musik zu erzählen beginnt

Im Kirchheimer Club Bastion überzeugt das Jakob-Bänsch-Quartett – ohne Effekthascherei, dafür mit kluger Zurückhaltung und lyrischer Tiefe.

Jakob Bänsch in der Bastion: Feinsinniges musikalisches Gespräch auf Augenhöhe.        Foto: Florian Stegmaier

Wer den Kirchheimer Club Bastion betritt, weiß: Hier spielt die Musik auf Augenhöhe. Nicht selten verwandelt sich ein Konzert in einen Dialog – so auch beim Auftritt des Jakob-­Bänsch-Quartetts. Der Abend war ausverkauft, und das Publikum erlebte eine Darbietung voller Tiefe und Konzentration.

Jakob Bänsch, gerade einmal 21 Jahre alt und bereits Träger des Deutschen Jazzpreises, tritt nicht als selbstverliebter Solist auf. Mit seinen Bandkollegen pflegt er vielmehr ein feinsinniges musikalisches Gespräch, geprägt von aufmerksamem Hören und Reagieren.

Der berühmte Jazzkritiker Bill Milkowski verglich Bänsch unlängst mit dem jungen Wynton Marsalis – und würdigte damit dessen außergewöhnliche Musikalität und Reife. Bänschs Kompositionen folgen weniger tradierten Formen als inneren Spannungsverläufen. Unerwartete harmonische Räume, motivische Entwicklungen und fein abgestimmte Klangfarben prägten den Abend.

Die Trompete ist dabei nicht eitles Hauptinstrument, sondern eloquente Erzählerin. Das Konzept von Bänschs aktuellem Album „All the Others“ ist von fiktiven Charakteren inspiriert: „Von Goethe bis Netflix ist alles dabei“, lässt er das Publikum wissen. Passend dazu setzt er seine Akteure mit einer breiten idiomatischen Palette in Szene. Seine Musik atmet die harmonische Fülle Ravels und Skrjabins ebenso wie die modalen Farben eines Herbie Hancock.

Das Quartett agiert wie ein einziger Organismus. Besonders im Zusammenspiel mit Pianist Nik­las Roever entsteht ein filigranes Netz aus Impulsen und Gegenbewegungen. Auch in dynamischeren Stücken wie dem am Hardbop geschulten „Mephisto“ bleibt die innere Geschlossenheit gewahrt.

Leo Asal am Schlagzeug überzeugt durch kontrollierte Energie und kreative Freiheit, während Jakob Obleser mit sonorem, sanglichem Bass strukturelles Rückgrat und erzählerischen Kontrapunkt bildet.Stücke wie „Exosphere“ oder „Yearning Variation“ entfalten sich als weite, organische Klanglandschaften. Kontemplation und Ekstase lagen nah beieinander. Selbst die kunstvoll gesetzte Stille folgt einer klaren inneren Logik. Nichts wirkt beiläufig oder ornamental. Was andernorts leicht ins Pathos hätte kippen können, hält geschmackvoll Maß.

Ausdruck echter Emotion

Die expressivsten Gesten bleiben Ausdruck echter Emotion. Auch der sparsame Einsatz elektronischer Elemente zeugt von feinem Gespür: Sie erweitern den Klangraum, ohne den akustischen Kern des Ensembles zu verwischen. Was bleibt, ist mehr als technische Brillanz: das Erlebnis einer musikalischen Rede, zugleich durchdacht und intuitiv, verwurzelt in der Tradition und offen für das Jetzt.

Jakob Bänsch zeigt sich als ein Erzähler großer Bögen – mit leiser Kraft und eindrucksvoller innerer Spannung.