Auf der Bühne lediglich ein Violoncello und ein Flügel – besteht da nicht die Gefahr der klanglichen Eintönigkeit, ja sogar eines langweiligen Konzertabends? Nicht, wenn so hochkarätige Solisten wie der Cellist Lachezar Kostov und Pianist Viktor Valkov am Werk sind: Sie fesselten das Publikum des Kulturrings Kirchheim mit ihrem energetischen und mitreißenden Spiel vom ersten Takt an. Dem Auditorium bescherten die aus Bulgarien stammenden Musiker, die seit vielen Jahren in den USA leben, in der Kirchheimer Stadthalle eine Sternstunde der Kammermusik.
Kennengelernt hatten sie sich während der Studienzeit an der Musikakademie in Sofia, und auch bei ihren weiterführenden Studien an renommierten Universitäten der USA blieben sie in Kontakt. Mittlerweile musizieren sie seit zwei Jahrzehnten im Duo, und das spürte man in ihrem Programm „Facetten der Spätromantik“ deutlich: Da wurde instinktiv aufeinander reagiert, das Zusammenspiel war perfekt bis in die Nuancen hinein, und in absoluter Harmonie entwickelten Kostov und Valkow Interpretationen wie aus einem Guss.
Dieses blinde Verständnis begeisterte schon bei den eröffnenden Bearbeitungen von Schumann-Liedern. Mit sonorer Kantabilität sang der Cellist die weitgespannten Melodien aus, stets optimal koordiniert mit dem überaus sensiblen Klavierspiel von Viktor Valkov. Kostov spielte sich mit intensivem Vibrato durch die Lagen seines Violoncellos. Eine analoge tonliche Intensität drückte auch der „Ballade op. 73“ von Samuel Coleridge-Taylor den Stempel auf. Das tief in der spätromantischen Tradition verwurzelte Werk bot beiden Solisten reichlich Gelegenheit zu schwelgerischen Tonspielen, und gelegentlich überraschten virtuose Ausbrüche, die für abrupte Kontraste sorgten.
Ganz in seinem Element war Lachezar Kostov, der als stellvertretender Solocellist des Cincinnati Symphony Orchestras engagiert wurde, in der zweiten Cellosonate von Johannes Brahms. Mühelos schaffte er es, den Spannungsbogen über die vier Sätze zu halten, bestens unterstützt von Viktor Valkov, der seit 2018 als Klavierprofessor der University of Salt Lake City wirkt.
Alle Register gezogen
Die hohe Spielintensität strahlte auf das Publikum aus, das fasziniert zuhörte und immer wieder begeistert reagierte. Kostov ging den ersten Satz mit vehementem Strich an und im Adagio sorgte er für betörenden Klangzauber. Wesentlichen Anteil am transparenten Klangbild hatte Valkov, der mit seiner fulminanten Fingertechnik und noblen Anschlagskultur den Flügel zum Klingen brachte: Da war nichts verwaschen, und zu keiner Zeit verschleierte ein übertriebener Pedalgebrauch den Klang. Auch die beiden finalen Allegri brachten Kammermusik auf höchstem Niveau: technisch souverän, emotional geformt und homogen in der Abstimmung.
Zum Schluss gab es Camille Saint-Saëns „Cellosonate Nr. 2 F-Dur“. Erneut zogen die Solisten alle Register. Nach virtuosem Einstieg leuchtete französisches Flair auf, das sich in den spritzigen Variationen des Scherzos noch steigerte. Lachezar Kostov und Viktor Valkov spielten sich in einen wahren Rausch, sorgten neben filigranen Tonspielen für vehemente Tonritte. Das Publikum in der Stadthalle tobte. Für den begeisterten Applaus und die Bravos bedankten sich die Solisten mit Zugaben von Strauss und Korngold.