Konstituierende Sitzung
Abschied und Neubeginn in der Kreispolitik

Der Esslinger Kreistag hat sich am Donnerstag konstituiert. Dem Gremium gehören 58 wiedergewählte Mitglieder und 36 „Neulinge“ an, darunter 21 Oberbürgermeister und Bürgermeister.

Die ausgeschiedenen Mitglieder Wilfried Wallbrecht (Freie Wähler), Sonja Spohn, Klaus Herzog (beide SPD) und Wolfgang Haug (FDP) wurden für ihr jahrzehntelanges Engagement im Esslinger Kreistag von Landrat Heinz Eininger geehrt (von links).  Foto: Ines Rudel

In den kommenden fünf Jahren werden 94 Kreisräte – 71 Männer und 23 Frauen – die Politik im Landkreis Esslingen gestalten. Dem Gremium, das sich am Donnerstag konstituierte, gehören 58 wiedergewählte Mitglieder an, hinzu kommen 36 „Neulinge“. Damit, so konstatierte Landrat Heinz Eininger, stehe der nunmehr 17. Esslinger Kreistag für Kontinuität und Wandel gleichermaßen. Vertreten sind unter anderem 21 Oberbürgermeister und Bürgermeister sowie vier Beigeordnete, 19 selbstständige Unternehmer und Gewerbetreibende, zehn Freiberufler, 15 Beamte sowie 16 Schüler, Studenten und Ruheständler.

Die stärkste Fraktion bleiben die Freien Wähler mit 27 Mitgliedern, gefolgt von der CDU (22 Sitze), den Grünen (14), der SPD (13), der AfD (10), der FDP (5) und den Linken (3). Den Kreispolitikern gab Eininger mit auf den Weg: „Verantwortung zu tragen, ist eine der schwersten Prüfungsaufgaben, die uns das Leben stellt.“ Nicht die Summe der Einzelinteressen ergebe das Gemeinwohl, sondern der Ausgleich der Interessenlagen. „Demokratie ist nie bequem“, zitierte der Landrat Theodor Heuss. Doch wenn die Kreisräte das große Ganze im Blick behalten und gute Kompromisse finden, dann werde es ihnen auch gelingen, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Die erste Amtshandlung hat das Gremium bereits einvernehmlich über die Bühne gebracht: die Bildung von fünf Ausschüssen und die Besetzung weiterer Gremien.

Der Verpflichtung der neuen Kreisräte vorausgegangen war die letzte Sitzung des bisherigen Kreistags. Eininger dankte den zuletzt 98 Mitgliedern für ihr Engagement in der vergangenen Amtsperiode, die maßgeblich von globalen Entwicklungen und von einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruch geprägt war. „Demokratie lebt von Menschen, die sich für die Gemeinschaft einsetzen“, hob der Landrat hervor. In insgesamt etwa 150 Sitzungen wurden rund 1300 Tagesordnungspunkte behandelt – die Bandbreite reichte dabei von guter Bildung über soziale Absicherung und einer intakten Umwelt bis hin zu einem verlässlichen Nahverkehr und einer geordneten Finanzlage.

„Auf so manche aufregende Sitzung hätte ich verzichten können“, räumte Sonja Spohn (SPD) ein. Sie war 30 Jahre Mitglied des Esslinger Kreistages und zog stellvertretend für alle ausscheidenden Politiker ein persönliches Fazit. „Ja, das Ringen um die bestmögliche Lösung ist eine Herausforderung. Es ist anstrengend und nervig. Aber es ist auch befriedigend und macht glücklich“, betonte sie. Sorge bereite ihr allerdings die Veränderung der Parteienlandschaft und der Vertrauensverlust der Wähler in die Volksparteien. Ihr Appell an den neuen Kreistag lautete: „Demokratie heißt nicht, dass alle einer Meinung sein müssen. Aber um Zukunft zu gestalten, ist eine lösungsorientierte Konstruktivität gefordert.“

Sogar 40 Jahre saß Wolfgang Haug für die FDP in diesem Gremium. Ihm sei von Anfang an klar gewesen, „das ist kein Kurzzeitprojekt“, spielte er in seiner launigen Abschiedsrede auf die Work-Life-Balance-Mentalität der jungen Generation an. In aller Öffentlichkeit entschuldigte er sich bei seiner Frau „für 3200 Stunden Fehlzeiten zu Hause“. Das sei es wert gewesen. „Der Kreistag kann auch Heimat sein.“ Haug legte seinen Nachfolgern einen Spruch ans Herz, der im Echterdinger Rathaus an einer Wand prangt: „Echtes ehren, Schlechtem wehren, Schweres üben, Schönes lieben.“