Dass das Betreute Wohnen Neidlingen nahe der Ortsmitte liegt, ist eine Untertreibung. Eigentlich ist das Betreute Wohnen selbst die neue Ortsmitte. Allenfalls das schmucke Rathaus könnte dem Neubau diesen Titel streitig machen. Der Gemeinschaftsraum soll nicht nur den Bewohnern dienen, sondern auch andere Veranstaltungen aufnehmen – die Landfrauen und die evangelische Kirchengemeinde haben bereits Interesse bekundet. Wer eine Bewirtung möchte, kann beim Gasthof Lamm direkt gegenüber fragen. Dort gibt es auch ein Lebensmittelgeschäft, der Friseur ist nicht weit weg und der Bus hält fast vor der Haustür. Der blau-rote Geldautomat, eine Kooperation von Volksbank und Kreissparkasse, ist direkt im Haus zu finden und von außen jederzeit öffentlich zugänglich. Nicht zuletzt ist die Pflegefachkraft Ganimete Halimi-Duraku, die im Haus ein Büro bezieht, nicht nur für die Mieter da, sondern berät künftig alle Neidlinger in Fragen zur Pflege.
Bewohner wählen den Anbieter
Die Gute Zeit GmbH übernimmt die Betreuung, die bei jeder der 13 Wohnungen im Mietvertrag enthalten ist. Dazu gehören der Hausnotruf, die Beratung und die Vermittlung weiterer Hilfen. Wer mehr Leistungen zubuchen will, etwa das Putzen der Fenster oder Besorgungen, kann das ebenfalls dort tun, ist aber in der Wahl des Anbieters völlig frei. „Wer bisher etwa von der Diakonie besucht wird und ins Betreute Wohnen zieht, kann dabei bleiben“, sagt Andrea Hebborn, Gute Zeit-Geschäftsführerin.
Für das Betreute Wohnen haben die Gemeinde Neidlingen und private Investoren eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründet. Dadurch war es möglich, in beschränkten Ausschreibungen gezielt auf regionale Anbieter zuzugehen. Kaum eine Firma kam von weiter als Wendlingen oder Hattenhofen. Der Baustandard ist hoch: Das Gebäude erfüllt den KfW 40 Plus-Standard, die Fenster sind innen aus Holz und außen Alu. Eine Solewärmepumpe holt die Wärme aus bis zu knapp 100 Metern Tiefe aus dem Boden. Nicht jeder Wunsch war im Kostenrahmen zu erfüllen: Gerne hätte die Architektin Ann-Kathrin Stolz Parkettboden verlegt, nun ist es ein Boden aus Vinyl – mit blauem Umweltengel, versteht sich. Bei den Baukosten spricht die Architektin von einer „Punktlandung“. Wolfgang Heilemann, verantwortlich fürs Energiekonzept, schätzt den Strombedarf des gesamten Gebäudes, inklusive Privatverbrauch auf 50.000 Kilowattstunden im Jahr. Davon werden laut Prognose 42 Prozent mit der eigenen Solaranlage – mit Speicher – produziert, der Rest aus Wasserkraft zugekauft.
Am 1. Februar beginnt der Einzug – das Projekt, einst vom früheren Bürgermeister Klaus Däschler ins Rollen gebracht, ist endlich ins Ziel eingelaufen. „Etwa die Hälfte der Wohnungen sind belegt“, sagt Thomas Maier, Geschäftsführer der Betreutes Wohnen Neidlingen GmbH. Die Mieten bleiben auch deshalb günstig, weil die GmbH keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt. Das Projekt soll sich lediglich selbst tragen, ohne Subventionen aus Steuergeldern.
Andrea Hebborn nennt das gemeinsame Vorgehen beim verhältnismäßig kleinen Betreuten Wohnen den „Neidlinger Weg“. Er habe in der Region bereits Aufmerksamkeit gefunden, berichtet Thomas Maier: Ein Bürgermeister aus der Umgebung sei bei einer Besichtigung regelrecht neidisch geworden. Die Wohnungen stünden nicht nur Neidlinger Bürgern offen, sagt er, sondern auch Menschen aus Nachbargemeinden. „Wer bei uns einziehen will, braucht keinen Neidlinger Migrationshintergrund.“
So manches muss sich nun einspielen. Der der große Fahrradabstellraum im Keller mit Ständern ausgerüstet wird und wie viele Lademöglichkeiten er erhält, wird entschieden, wenn sich überblicken lässt, wie viele Fahrräder die Bewohner tatsächlich mitbringen. Auch die Einweihungsfeier muss bis zum Frühsommer warten, die Mieter sollen sie mitgestalten.
Interessierte können sich telefonisch bei Norbert Vögele melden unter der Nummer
0 70 23/74 26 84.