Kirche
David Bergmann ist seit September Pfarrer in Owen

Wer zwei Halbtagsstellen hat, kann froh sein, wenn diese gut harmonieren. Bei Pfarrer David Bergmann in Owen könnte die Harmonie nicht größer sein.

In Owen fühlt sich der Theologe pudelwohl. Foto: Peter Dietrich

Normalerweise rechnet man für eine Doktorarbeit vielleicht drei Jahre. David Bergmann hat mit seinem Doktorvater an der Universität Zürich das Doppelte besprochen, widmet der 31-Jährige doch nur die Hälfte seiner Arbeitszeit dem Thema „Ausbildung von Ehrenamtlichen für Leitung, Verkündigung und Theologie“. Die andere Hälfte ist er seit 1. September als evangelischer Pfarrer in Owen – in einer Kirchengemeinde mit großem ehrenamtlichem Engagement. Dort predigt er nur in jedem zweiten Gottesdienst, sonst sind unter anderem Laienprediger, sogenannte Prädikanten, gefragt. „Es wird langfristig Kirchengemeinden geben, die gar keinen Pfarrer mehr haben“, ist Bergmann überzeugt. Und will dazu beitragen, dass das geistliche Leben durch gut geschulte Ehrenamtliche trotzdem lebendig bleibt.

David Bergmann ist ein halber Schwabe. Seine Mutter stammt aus Möglingen bei Ludwigsburg, sein Vater aus dem niedersächsischen Celle. Geboren wurde er in Wuppertal, wuchs zuerst in Stuttgart auf und zog mit fünfeinhalb Jahren mit der Familie in den hessischen Taunus. Weil sein Vater Jugendreferent und Diakon war, wuchs er mit der kirchlichen Jugendarbeit auf. „Obwohl mein Vater mir ein großes Vorbild war, wollte ich auf jeden Fall beruflich etwas anderes machen“, sagt er. Er begann in Tübingen mit dem Studium der Erziehungswissenschaft, zielte Richtung Erwachsenenbildung oder Personalwesen. Doch wiederholte Ansprachen von Freunden brachten ihn zum Nachdenken. „Ich habe das im Gebet bewegt und dann mit dem Theologiestudium begonnen.“ Der geplante Ortswechsel fiel Corona zum Opfer, er blieb dafür die ganze Zeit in Tübingen, wohnte dort teils im Albrecht-Bengel-Haus. Für seinen theologischen Alltag liest er gerne auch amerikanische Theologen wie Timothy Keller.

Sein zweieinhalbjähriges Vikariat absolvierte er in Stetten auf den Fildern, kam von dort nach Owen. Dass die dortige Pfarrstelle zuvor ein Jahr lang vakant war, hat für ihn einen Vorteil: Liebevoll und mit viel Eigenarbeit hat die Kirchengemeinde in dieser Zeit das rund 450 Jahre alte Pfarrhaus gegenüber der Kirche renoviert. Gerne ist er mit seiner Ehefrau Jael dort eingezogen. Wenn er daran denkt, wie viele Pfarrer dort schon gewirkt haben, erfüllt ihn Ehrfurcht: „Ich stehe auf den Schultern von Riesen.“

Mit der Jugendarbeit hat die Kirchengemeinde den CVJM beauftragt, dieser hat mit Daniel Stamm einen eigenen Jugendreferenten angestellt. „Wir sind Kollegen auf Augenhöhe“, freut sich der Pfarrer. Was ihn ebenfalls freut: Die Geschäftsführung für Owen liegt in Dettingen, er muss also keine Rechnungen prüfen oder Haushaltspläne und Verträge erstellen, sondern kann sich auf seine pfarramtlichen Aufgaben konzentrieren. „Ich darf hier wirklich Pfarrer sein.“ Auch nach genügend Bewerbern für die Kirchenwahl am 30. November musste er nicht mühevoll suchen: Für die sieben Sitze im Kirchengemeinderat kandidieren neun Leute. Sein Stundenbudget reicht besonders am Anfang trotzdem nicht – so viele Menschen und Gruppen gilt es kennenzulernen.

Wenn noch Zeit bleibt, erkundet er gerne die Gegend mit dem Gravelbike. Er liest auch gerne Romane, kocht gerne, ist handwerklich aktiv und freut sich auf das Frühjahr im 1.000 Quadratmeter großen Pfarrgarten – auch wenn da einige Arbeit warte. Musikalisch ist er dem Gospelchor entsprungen, outet sich aber auch als Fan von Posaunenmusik – die Owen in höchster Qualität zu bieten habe.

Und sonst noch? Gemeinsam mit einem Freund betreibt der Pfarrer den Podcast „Ehrencast“, will dort Ehrenamtlichen leicht verständlich Theologie vermitteln. Außerdem ist er in Radioandachten zu hören, meist auf Radio Ton. „Dort habe ich nur 90 Sekunden, das ist eine gute Übung für die Predigt.“

Gestresst wirkt der neue Pfarrer trotz alldem nicht, eher in sich ruhend. „Ich erlebe hier ganz viel positive Zuwendung“, sagt er. „Die Owener machen es mir sehr leicht.“